Worum geht’s?
Das Buch Schwarzer Rolli Hornbrille von Karin Hartmann ist in aller Munde. Wir möchten auch anderen Fachbüchern zum Thema der (Gender-)Gerechtigkeit in der Architektur eine Bühne geben – zum Beispiel Architektur für Alle?! – Emanzipatorische Bewegungen in Planung und Raum. Die Publikation vertieft Inhalte der gleichnamigen Ausstellung im Bremer Wilhelm Wagenfeld Haus und bettet die daraus folgenden Erkenntnisse in den allgemeinen Diskurs ein. Mit dem Ziel einer kritischen Bestandsaufnahme zeigt das Buch die Situation von Frauen im Feld der Architektur von 1945 bis heute und befasst sich mit den ungleichen Bedingungen von Raum. Denn um der Tatsache gerecht zu werden, dass Gendergerechtigkeit heute in der Verfassung verankert ist, braucht das Thema einiges an Aufmerksamkeit und Optimierung.
In Architektur Für Alle?! gibt Barbara Zibell etwa einen Überblick über die vier Wellen der Frauenbewegung in der Architektur und skizziert die besondere Bedeutung der Frage nach den Frauen in der Architektur im Zeichen multipler Care-Krisen (Klima, Corona, Energie). Sandra Schuster richtet den Blick auf die Architekturbranche und stellt Forschungsergebnisse vor, zur Integration von Architektinnen in die Berufswelt und ihrer Aufnahme in eine von Männern geprägte und mit männlichen Eigenschaften assoziierte Arbeitskultur der Profession. Sabina Riss widmet sich aus Genderperspektive dem Wohnungsbau und führt uns durch 100 Jahre der versuchten Einflussnahme auf die Verbesserung des Lebens und Wohnens von Frauen. Christiane Keim ergänzt diesen Blick um eine kunst- und kulturgeschichtliche Analyse des Wohnens, verweist darauf, dass die Sichtbarmachung von Architektinnen nicht losgelöst von der Kritik an Planungs- und Raumverteilungsprozessen betrachtet werden kann und plädiert mit ihrem Beitrag weniger für ein »anderes« als für eine größere Komplexität des Erzählens. Sandra Huning nimmt sich aus feministischer Perspektive die Erfolge und Hemmnisse der Stadtplanung vor und skizziert aktuelle »Baustellen«, in denen Mensch die Transformation unserer Häuser und Städte entsprechend weiterzudenken vermag. Abschließend zeigt Hening Bleyl anhand des Metta-Cordes-Platz in der Bremer Innenstadt die Unterrepräsentanz von Frauen im öffentlichen Raum auf und Käthe Protze wirft einen kritischen Blick auf das, was aus frauen- und feministischer Perspektive berufspolitisch in der Architektur bereits erreicht wurde beziehungsweise noch immer vor uns liegt. Zusätzlich präsentiert der Katalogteil die an der Ausstellung beteiligten Frauen und ihre Geschichten und Zugänge zur Architektur, vertieft die künstlerischen Positionen von Mona Abdel-Keream, KOSK*I Kollektiv, Brunn Morais, Eden Obonyo, Sisterhood – Girls Go Graffiti und Claire Waffel mit re.material, und bereitet grundsätzlich einen Überblick über die ausgestellten Pläne, Bilder, Objekte, Installationen, Modelle, Konzepte und Originaldokumente.