Slow Urban Planning – Tribsees‘ Zukunft machen

Worum geht’s?

Die Landstadt Tribsees hat, wie viele andere Ortschaften in Mecklenburg-Vorpommern, mit Wegzug und Leerstand zu kämpfen. Es stellt sich die Frage: Was tun, wenn von 250 Gebäuden 70 leerstehen und die Eigentümer:innen sich nicht für sie interessieren? Wie kann die Zukunft eines solchen Ortes aussehen? Diesem Gedanken nahm sich das einjährige Projekt des Studienganges space&designstrategies der Kunstuniversität Linz unter der Leitung von Stadtplaner, Künstler und Professor Ton Matton an. Die Ergebnisse und Erkenntnisse des Projekts sind in dem Buch Slow Urban Planning – Tribsees’ Zukunft machen, erschienen 2023 im jovis Verlag, nachzulesen. Der Titel ist dabei auf die positiven Assoziationen mit dem Kleinstadtleben zurückzuführen: Entspannung, Gemächlichkeit und Pragmatismus. 

Um Tribsees zukunftsfähig zu machen, griffen die beteiligten Student:innen und Künstler:innen oft auf das Mittel der Hausbesetzung zurück. Radikal, mag manch eine:r sagen; doch vor allem wirksam, wenn sich sonst niemand für die Objekte interessiert und Stadt und Leben darunter leiden. Mit viel Improvisation und kreativem Umgang mit vorhandenen Strukturen entstand in Tribsees nie Dagewesenes: ein Co-Working-Hotel, ein Freiluftkino auf einer Brachfläche und ein „Grand Hotel“ mit Wellnessbereich und Frühstücksraum im DIY-Prinzip. Durch die Verwandlung eines verlassenen Kaufhauses in ein Gasthaus mit Kreislaufgedanken hat auch das gemeinschaftliche Leben viel dazugewonnen. Aktionen wie öffentliches Tango-Tanzen, eine Art Pop-Up-Campingplatz und eine Synchron-Bügel-Party gaben der Gemeinschaft neuen Schwung. Dementsprechend belebend lässt es sich durch die dokumentarische Veröffentlichung blättern. Auf den 159 Seiten des Buches werden die großen und kleinen Maßnahmen des Projektes vorgestellt. Deutlich wird die Ansprache der gesamten Ortsgemeinschaft – egal ob Kinder, Erwachsene oder Senior:innen. Jede:r findet in diesem Rahmen eine passende Anlaufstelle. Inhaltlich ergänzen kurze wissenschaftliche Essays zu Themen wie Improvisation und Slow Urban Planning die Projektbeschreibungen. Wem die Stadtgestaltung Freude bereitet, dem sei ein Blick in dieses Buch empfohlen. Es bietet eine Menge Inspiration und zeigt Möglichkeiten auf, die vorher nicht immer sichtbar waren.

Die Umnutzung eines ehemaligen Kaufhauses zum Gasthaus mit Kreislaufgedanken belebt die Straßen Tribsees. © morgen.: „Kaufhaus“, Foto: MattonOffice