Was geht?
Die norwegische Tradition des „dugnad“ ermutigt jede und jeden zu einem gemeinsamen Ziel beizutragen. Sie beruht auf sozialen Beziehungen und gemeinschaftlicher Solidarität – also auf der Überzeugung, dass man zusammen stärker ist als allein. Für das Architekturbüro Mad ist „dugnad“ der Schlüssel für die Entwicklung nachhaltiger Zukunftslösungen in einer zunehmend komplexeren Welt mit immer drängenderen Herausforderungen. Architektur bedeutet für Mad insbesondere auch, die sozialen und kulturellen Ressourcen, die unsere gebaute Umwelt prägen, neu zu bewerten, zu fördern oder zu erhalten. Diese Aspekte lassen sich exemplarisch an den vier Projekten aufzeigen, die für die Ausstellung bei Aedes ausgewählt wurden – darunter das derzeit in Planung befindliche Holzhochhaus WoHo in Berlin–Kreuzberg, das als städtebauliches und soziales Pilotprojekt gilt.
Folgende Projekte werden in der Ausstellung vorgestellt:
Kristian August Gate 13 in Tullinløkka in Oslo ist ein bahnbrechendes Umnutzungsprojekt, das im Oktober 2020 fertiggestellt wurde. Das Bürogebäude aus den 1950er–Jahren war vom Abriss bedroht und ist heute ein Beispiel für eine gelungene Revitalisierung, bei der 70 Prozent der für die Sanierung und die neuen Baukörper benötigten Materialien wiederverwendet wurden. Das Projekt wurde vielfach ausgezeichnet und wird oft als Beispiel für eine erfolgreiche Nachnutzung genannt. Es ist für den Preis der Europäischen Union für zeitgenössische Architektur – Mies van der Rohe Award 2022 nominiert.
2019 gewann Mad arkitekter mit seinem Beitrag Recipe for Future Living im Osloer Stadtteil Stovner den internationalen Wettbewerb Reinventing Cities. Die Initiative Reinventing Cities hat sich zum Ziel gesetzt, nachhaltige Entwicklung zu fördern und innovative Lösungen für ökologische und städtebauliche Herausforderungen zu würdigen. 14 Städte aus der ganzen Welt beteiligten sich mit städtebaulichen Entwicklungsgebieten. Der Entwurf stützt sich ausschließlich auf Kreislaufwirtschaft, nachhaltige Ressourcennutzung und Wiederverwendung. Das Konzept ist auf die örtlichen Gegebenheiten abgestimmt und zielt auf eine Aufwertung und Stärkung des Quartiers ab. Aktuell wird Recipe for Future Living von den Baubehörden entwickelt und bearbeitet.
Festiviteten in Larvik, südlich von Oslo, wurde 1874 als Versammlungsort eingeweiht. Im Laufe der Jahre diente das Gebäude als Rathaus, Gerichtssaal und Ort für zahlreiche Kulturveranstaltungen. Der Festsaal ist der drittälteste Theatersaal Norwegens. Jahrzehntelang verfiel das Gebäude, wurde dann aber nach beeindruckenden Restaurierungsarbeiten anlässlich des 350-jährigen Stadtjubiläums 2021 wiedereröffnet. Festiviteten ist ein Umnutzungsprojekt, das in der Art, wie es dem Gebäude und der Innenstadt von Larvik neues Leben einhaucht, ausgeprägte soziale Aspekte aufweist.
WoHo Berlin ist anders als herkömmliche Hochhäuser. Mad arkitekter gewann 2021 den Wettbewerb für den Entwurf des Mehrzweck-Wohnhochhauses im Berliner Innenstadtbezirk Kreuzberg. Dank der Verwendung des nachwachsenden Rohstoffs Holz wird der CO2-Fußabdruck des Gebäudes deutlich reduziert. Zudem zeichnet sich das Projekt durch ein starkes soziales Profil aus – das Konzept greift einen typischen Kreuzberger Kiez auf und stapelt ihn vertikal. Bei der Konzeption des WoHo Berlin standen die Bedürfnisse der Bewohner:innen, Nutzer:innen und Nachbar:innen im Mittelpunkt.
Mehr Informationen zur Ausstellung gibt es hier.
Wer vor Beginn der Ausstellung noch mehr über das WoHo Berlin erfahren möchte, findet in unserer aktuellen Hauptausgabe polis 04/2021 LOYALTY einen Beitrag mit Kurzinterview mit Thomas Bestgen, Geschäftsführender Gesellschafter der UTB-Gruppe, die das Projekt entwickelt.
Bild: Reinventing Cities – Recipe for Future Living in Oslo von Mad arkitekter; Neues Stadtviertel, das aus wiederverwendeten Materialien gebaut wird. © Imigo
Text: Aedes Architekturforum