Was geht?
Das Thema Wasser stellt in vielerlei Hinsicht eine der größten Herausforderungen der Menschheit dar. Unser Umgang mit der lebenswichtigen Ressource wird mit entscheidend dafür sein, wie lebenswert unser Planet in einigen Jahren noch sein wird, und gehört dringend auf den Prüfstand. Weltweit kämpfen Gesellschaften gegen zu viel oder zu wenig Wasser und insbesondere für sauberes Trinkwasser. Schon jetzt sind 40 Prozent der Weltbevölkerung von Wasserknappheit betroffen, mit dem vom Menschen verursachten Klimawandel wird sich diese Situation weiter verschärfen. Erst 2022 erlebte Europa die schlimmste Dürre seit 500 Jahren. Gleichzeitig werden weltweit nur 11 Prozent des gereinigten Abwassers wiederverwendet und etwa die Hälfte des unbehandelten Abwassers gelangt immer noch in Flüsse, Seen und Meere.
„Water Pressure, Gestaltung für die Zukunft“ – eine Ausstellung des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G) und von Jane Withers Studio – nimmt eine globale Perspektive auf die Wasserkrise ein und zeigt u.a., welche Gestaltungsideen und Projekte das Potenzial haben, unsere Zukunft radikal zum Positiven zu verändern. In der Ausstellung vertreten sind unter anderem Exponate aus Indien, Mexiko, Kenia, Slowenien, USA und Peru. Die insgesamt rund 75 innovativen Arbeiten aus den Bereichen Design, Architektur, Kunst und Wissenschaft gehen vielfach auf Prinzipien der Natur zurück und eröffnen so neue Ansätze im Umgang mit der Wasserkrise. In fünf Kapiteln werden inspirierende Lösungen für globale Probleme wie Wasserknappheit, Überflutung, Verschmutzung und gestörte Wasserkreisläufe vorgestellt. Das Spektrum reicht dabei von Nebelfängern für Wüstengebiete, die aus Wolken sauberes Wasser für abgelegene Dörfer gewinnen, bis hin zu wasserdurchlässigen Bodenplatten für versiegelte Metropolen. „Das Trinkwasser, das lebenserhaltende Wasser ist eine immer weniger werdende Ressource, währenddessen das zerstörerische Wasser, also Überschwemmungen und Hochwasser, zunimmt. Die Tatsache, dass ich meinen Wasserhahn einfach auf- und wieder zudrehen kann, distanziert mich endlos von dem, wo das Wasser herkommt. Wir müssen uns wieder bewusstwerden, wie wichtig diese Ressource für uns ist und dürfen diese nicht einfach weiter verschwenden“, erklärt Tulga Beyerle, Direktorin des Museums für Kunst und Gewerbe, die Intention der Ausstellung im Interview mit dem NDR.
Die Ausstellung befasst sich auch mit der Hafenstadt Hamburg und ihren gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen – von Überschwemmungen bis hin zum Wassermangel. Vorgestellt wird beispielsweise der Hamburg Water Cycle in der Jenefelder Au, ein europaweit einmaliges Pilotprojekt, das neue Lösungsansätze für die Abwassernutzung testet und entwickelt. Initiator ist das kommunale Wasserver- und Entsorgungsunternehmen Hamburg Wasser. Anstatt gesammelt ins zentrale Klärwerk im Hafen transportiert zu werden, wird das anfallende Abwasser dort direkt im Quartier behandelt und weiterverwertet: Schwarzwasser aus der Toilette wird über eine Biogasanlage zu Energie, Regenwasser wird durch blau-grüne Infrastruktur im Quartier gehalten und wird zusammen mit Grauwasser etwa aus der Dusche zu Brauchwasser aufbereitet: Dies kann für die WC-Spülung oder die Versorgung von Grünanlagen genutzt werden – und so vor allem an heißen Tagen hohe Bedarfe nach Trinkwasser abfedern und die Infrastruktur entlasten.
Das niederländische Büro OOZE Architects machte außerdem den Ausstellungsort selbst zum Gegenstand seiner Arbeit und befasst sich im Rahmen einer Wandarbeit mit dem Titel „Reimagine Water Flows“ mit den konkreten Potenzialen im Museum für Kunst und Gewerbe. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie sich das Museum verändern müsste, um selbst Wasser aufzubereiten. Tulga Beyerle versteht die Arbeit als Auftrag für die Zukunft: „Ein kompletter Kreislauf, von den grünen Dächern, die den Regen verlangsamt in die Fallrohre ableiten, Wassersammelbecken, Solaranlagen, eine Kläranlage für Grauwasser, die das Wasser zu Wiederverwendung aufbereitet – mir ist klar, dass wir das in fünf Jahren nicht geschafft haben werden aber es wichtig das wir uns auf den Weg machen.“
Die Ausstellung kann noch bis zum 13.10.2024 in der Hansestadt besichtigt werden. Das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe ist von Dienstag bis Sonntag bzw. von 10 Uhr bis 18 Uhr geöffnet. Donnerstags ist ein Besuch bis 21 Uhr möglich, es sei denn der Donnerstag fällt auf einen Feiertag.
Beitragsbild: © Goldeimer