Laut Definition bezeichnet „Loyalität“ die auf gemeinsamen moralischen Maximen basierende oder von einem Vernunftinteresse geleitete innere Verbundenheit. Sie zeigt sich im Verhalten gegenüber einer Person, Gruppe oder Gemeinschaft. Loyalität bedeutet ferner, im Interesse eines gemeinsamen höheren Zieles die Werte (und Ideologie) des Anderen zu teilen und zu vertreten – auch dann, wenn man sie nicht vollumfänglich teilt. Soweit die Theorie. Doch existieren „moralische Maxime“ in Form von höheren Zielen und Werten auch in der urbanen Praxis? Die Frage ruft förmlich nach einem „Natürlich!“, doch so offensichtlich sind sie eben nicht: jene loyalen Strukturen, die im urbanen Kontext auf innere – und übrigens auch äußere – Verbundenheit verweisen. Ungeachtet des Status quo 2021 unserer Gesellschaft (oder der Welt?), der herausfordernder nicht sein könnte – und vor dessen Hintergrund es fast unmöglich erscheint, überhaupt über „Verbundenheit“ nachzudenken – möchten wir in dieser letzten polis Magazin-Ausgabe dieses Jahres jene Akteure und Akteurinnen sowie Strukturen vorstellen, die zeigen wie ein gemeinsames an einem Strang Ziehen auch gegenwärtig funktioniert oder sogar nun erst recht forciert werden muss. Betrachten wir die Stadt als sich ständig wandelnden Organismus, zeigt sich Loyalität immer dann, wenn mit Respekt all jene Strukturen berücksichtigt werden, die sich über Jahre, Jahrzehnte, vielleicht sogar über Jahrhunderte entwickelt haben und der Stadt so ihre Identität verleihen. Dies kann bei der Wertschätzung der charakteristischen Architektur beginnen, die beispielsweise bei Neuentwicklungen integriert wird oder sich in der neuen Formensprache widerspiegelt. Dies zeigt sich aber auch anhand von Unternehmen, die sich bewusst für einen Standort aussprechen und ihm die Treue halten, selbst dann, wenn sie in vermeintlich attraktiveren Lagen expandieren könnten. Verbundenheit und Loyalität sind letztlich jedoch auch Werte einer stabilen Stadtgesellschaft, einer Bürgerschaft, die gleichermaßen verantwortlich und tolerant agiert, mit dem Ziel vor Augen, sowohl den Bedarfen der gegenwärtigen und als auch der nachfolgenden Generationen zu begegnen. Zugegeben, die Kant-Fans unter Ihnen fühlen sich vielleicht erinnert an: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde“. Fest steht, dass wir es mit mannigfaltigen Wechselwirkungen und unterschiedlichen Fragen individueller und kollektiver Natur zu tun haben, die sich auf verschiedenen Ebenen zeigen: Wie hoch ist meine Motivation und mein bürgerschaftliches Verantwortungsgefühl, mich zum Wohle der Stadt und ihrer Einwohnerschaft selbst aktiv in Prozesse der Stadtentwicklung einzubringen? Investiere ich an dieser Stelle Zeit und Energie, zeige mich also loyal gegenüber den Strukturen, oder präferiere ich das Leben in meinem eigenen, abgeschotteten Mikrokosmos? Kehre ich der Stadt gar gänzlich den Rücken, wenn sie mir nicht mehr gibt, was ich mir zum Leben wünsche? Diese Partikularinteressen gruppieren sich innerhalb der Stadt zu einer diversen Gesellschaft, deren Bedarfe zunehmend spezifischer werden. Infolgedessen wächst auch der Anspruch an Prozesse der Stadtentwicklung. Inwiefern Städte und Kommunen vor dem Hintergrund klammer Kassen und angespannter (Immobilien-)Märkte überhaupt noch frei – also loyal gegenüber sich selbst – agieren können, bleibt fraglich, wenngleich die Ambitionen hoch sind. Zum Jahresabschluss wahrlich keine leichte Kost! Doch seien Sie sicher: Die Beiträge dieser Ausgabe zeigen allesamt, dass Loyalität auch in Zeiten wie diesen möglich und in vielen Bereichen gelebte Realität ist.