Im Gespräch mit Peter Jorzick, Geschäftsführender Gesellschafter der Hamburg Team Gesellschaft für Projektentwicklung mbH.
Herr Jorzick, wie stellt sich aus Ihrer Sicht der Wohnungsmarkt in Hamburg dar?
Auf dem Wohnungsmarkt trifft momentan eine erhebliche Nachfrage auf ein begrenztes Angebot, was für einen Projektentwickler natürlich sehr positiv ist. Die Marktsituation ist sehr komfortabel, das war in all den Jahren vorher nicht immer so. Es gab auch Zeiten, in denen wir bei den Wohnungen eine Stagnation und einen Rückgang in den Preisen verzeichnen mussten und natürlich auch Leerstände. Davon sind wir heute weit entfernt. Es herrscht ein totaler Engpass auf dem Wohnungsmarkt, insbesondere in den zentral gelegenen Stadtvierteln Hamburgs. Auf der einen Seite für uns gut, aber eigentlich kein wünschenswerter Zustand. Wir leben letztendlich davon, dass die Märkte ausgeglichen sind.
Der Druck auf die verfügbaren Flächen in den Metropolen ist groß. Hochpreisige Produkte werden zunehmend nachgefragt und setzen damit andere Angebote unter Druck. Wie sehen Sie dieses Spannungsfeld in Hamburg?
Es ist auf jeden Fall sinnvoll, wie es hier schon seit einigen Jahren praktiziert wird, Wohnungen in einem sogenannten Drittelmix zu bauen. Das heißt, ein Drittel ist öffentlich geförderter Wohnungsbau, ein Drittel sind frei finanzierte Mietwohnungen und ein Drittel Eigentumswohnungen. Es sollte keine stigmatisierten Großstandorte für geförderte Wohnungen oder „Ghettos“ für Reiche geben. Die Drittel-Lösung ist in der Wohnungswirtschaft akzeptiert und wird auch von uns seit Jahren entsprechend umgesetzt. Die Schwierigkeit ist, dass durch das öffentlich geförderte Drittel automatisch die zwei frei finanzierten Drittel teurer werden. Die Förderprogramme decken für diesen Bereich einfach nicht 100% der Kosten ab, was dazu führt, dass quersubventioniert werden muss. Zudem wird bei der öffentlichen Förderung ein Kostenersatz-Prinzip zugrunde gelegt, was keinerlei Marge beinhaltet. So müssen wir beim Rest eine erhöhte Marge ansetzen.
Erweist sich diese Sache in den letzten Jahren als zunehmend schwieriger?
Ich glaube, dass wir bald an einer Grenze angekommen sind. Denn wohin sollen sich die Preise noch entwickeln? Die Gehälter der Menschen steigen ja auch nicht immer weiter an. Gerade im mittleren Segment wird die Eigentumsbildung zunehmend schwieriger. Die Banken fordern für eine Finanzierung steigende Eigenkapitalanteile. Viele Finanzierungen brauchen daher recht lange und sind teilweise grenzwertig. Wir wünschen uns eigentlich, dass der Kostendruck auf unser Produktionsseite nachlässt, aber wir erleben genau das Gegenteil. Aufgrund von ständig steigenden Anforderungen müssen wir daher ständig höhere Preise kalkulieren.
Sind denn in der Stadt überhaupt ausreichend Grundstücksflächen verfügbar, um die Anforderungen befriedigen zu können?
Die Flächen sind eindeutig der Flaschenhals in jeder deutschen Großstadt. Es gibt nirgendwo mir bekannte Projekte, bei denen es von der Stadt aus eine großflächige Vorsorge an bebaubaren Grundstücken gegeben hätte. Fast alles, was dort gerade gebaut wird, entsteht auf Flächen, für die von uns erst Planungsrecht geschaffen werden muss. Ein Prozess, der gut zwei Jahre dauern kann. Und zusätzlich müssen wir alle notwendigen Infrastruktureinrichtungen mit in unsere Rechnung aufnehmen. Trotz dieser Belastungen verlangt uns der Grundstücksmarkt für den Ankauf solcher Flächen gleichzeitig Preise ab, die schon einen späteren Entwickelungszustand vorwegnehmen. Das heißt, ich kann ein Grundstück in diesem Jahr erwerben, das mir zu einem Preis angeboten wird, der schon den kompletten Entwicklungsgewinn beinhaltet, den ich eventuell in den nächsten zwei bis vier Jahren realisieren werde. Demnach haben wir insgesamt einen völlig überteuerten Grundstücksmarkt. Und das liegt auch darin begründet, dass die Städte, die immer noch über große Teile ihres Stadtgebietes verfügen und zu den einflussreichsten Grundeigentümer gehören, nicht ausreichend Flächen in den Markt geben oder Unklarheiten in der Positionierung ihrer Liegenschaftspolitik vorliegen. Dabei ist das öffentliche Gegengewicht notwendig, damit der Preisdruck von den Grundstücken ein bisschen zurückgenommen wird. Denn den Grundstückspreis müssen wir an unsere Käufer weitergeben. Flächen, die einigermaßen zentral gelegen sind, kosten heute alle mehr als 1.000 Euro/m2 Bruttogeschossfläche auf dem freien Markt. Die Grundstückspreise haben den eindeutig größten Einfluss auf den Abgabepreis.
Ist das ein Punkt, der viel öffentlicher und bundesweit diskutieren werden müsste?
Wir sehen hier den ganz entscheidenden Engpass in der Flächenausweisung für den Wohnungsbau. In Berlin und Hamburg, wo wir vor allem tätig sind, gibt es gleichermaßen die Forderung der Politik bzw. der Bürgermeister an die Wohnungswirtschaft, sehr viel mehr Wohnungen fertigzustellen. Unser Gegenargument ist dann natürlich, dass uns die Flächen fehlen. Das Problemfeld ist hier momentan sehr differenziert. Das Thema Flächenknappheit können wir nur gemeinsam in einer öffentlich-privaten Kooperation lösen. Im Prinzip sind wir sogar auf eine neue Art Kooperation angewiesen, um Flächen zu entwickeln oder solche Flächen in den Wohnungsbau einzubeziehen, die eine Stadtverwaltung vielleicht im Augenblick noch gar nicht im Kopf hat.
Ist die Ausweisung neuer Flächen auch eine ganz zentrale Schwachstelle der politischen Meinungsbildung oder der politischen Vertretung?
Ja, das sehe ich so. Da liegt eine gewisse Schwäche in den jeweiligen städtischen Liegenschaftspolitiken. Man kommt natürlich auch vonseiten der Stadt in Versuchung, sich prozyklisch in die Preisspirale mit einzureihen und seine Liegenschaften möglichst teuer an den Markt zu bringen. Verständlich, aber auf der anderen Seite treibt es die Preise weiter nach oben. Ich möchte schon fast sagen, dass wir bereits eine Preisblase in der Bereitstellung von Bauland feststellen können.
Ein Problem sind sicher auch die virtuellen Kommunalgrenzen, die Steuereinnahmegrenzen. Sollte hier nicht auch über eine regionalere Struktur nachgedacht werden?
Eine verbesserte regionale Abstimmung bzw. die Abstimmung unterschiedlicher Gebietskörperschaften in einer Region ist sicherlich wichtig. Aber wenn ich mir das Leitbild ansehe, an dem wir arbeiten, dann ist es das der kompakten Stadt. Zum Beispiel, dass wir die Baugrundstücke, die wir gewonnen haben und auf denen wir Planrecht realisiert haben, dann auch bestmöglich ausnutzen, das heißt mit einer hohen, aber immer noch qualitätsvollen Dichte. Und dass wir uns Gedanken machen um die beste und sinnvollste Nutzung der öffentlichen Infrastruktur, besonders der Verkehrsinfrastruktur. Dass wir nicht die außenliegenden Grünflächen planieren, nur weil wir im Inneren unsere komplizierten Mobilisierungsstrategien politisch nicht im Griff haben. Das ist eigentlich meine Hauptkritik am Status quo. Im Augenblick gibt es wieder Versuchungen, Entwicklungsräume außerhalb der Stadtgrenzen oder an den Randlagen zu identifizieren, weil dort noch größere zusammenhängende Grundstücke im kommunalen Vermögen sind und man es leichter hat, dort Planungsrecht zu schaffen und seine Bauwünsche umzusetzen. Trotzdem ist es wünschenswert, die komplizierten Entwicklungswege mit der Wiedernutzung von alten, aufgegebenen Flächen – von sogenannten Konversionsflächen – zu verfolgen. Denn nur wenn ich im Inneren zuwachse, kann ich kompakte Stadt werden.
Sie haben in den Vereinbarungen des „Bündnisses für die Quartiere“ die Stadtverträglichkeit im Mit- und Nebeneinander der Funktionen angesprochen, die auch durch bestimmte baurechtliche Rahmenbedingungen belastet und erschwert werden. Müsste man diese zukünftig viel härter angehen?
Das ist sicherlich so. Aber wir sehen natürlich auch, dass sich im Bauen viele Anforderungsebenen mischen. Das ist einer der Prozesse, die in Deutschland eindeutig übergeregelt sind, denn Regularien überlagern sich, ja widersprechen sich häufig. Das ist die europäischen Ebene, die auch auf unsere Nutzungsmöglichkeit von Grundstücken einwirkt und weiter zur Bundesebene, mit der absolut unzureichenden Baunutzungsordnung. Es gibt derzeit eine Initiative zur Änderung der Baunutzungsverordnung, die unter anderem von Hamburg initiiert wurde, die vorhandenen Nutzungskategorien um eine neue – das „urbane Mischgebiet“ – mit endlich einer angemessenen Dichte (GFZ 3 und größer) sowie problemlosere Funktionsmischungen zu erweitern. Und danach die Ebene der Bauordnungen der einzelnen Bundesländer.
Die Aktualität des Wohnproblems wird durch das Thema der Flüchtlingszuwanderung nochmal verschärft. Gibt das einen zusätzlichen Anstoß?
Das wird die Diskussion um die notwendige Deregulierung verstärken, denn man sieht sehr deutlich, dass insgesamt etwa 40.000 oder 50.000 Menschen nach Hamburg kommen werden. Und dies vor dem Hintergrund der ohnehin positiven Wanderungssalden in die Städte hinein. Wir stehen also vor der dringlichen Aufgabe, Wohnraum zu schaffen. Die derzeitige Nachfragesituation lässt einen mutlos werden angesichts der Langsamkeit, in der wir mit unseren Prozessen vorankommen. Wir versuchen, über die Plattform „Bündnis für das Wohnen“ eine Diskussionsebene zu schaffen, auf der alle, die mit dem Thema zu tun haben – die Unternehmer genauso wie die kommunale Politik und Verwaltung –, versuchen, Schnittmengen zu entwickeln und Prozesse zu beschleunigen. Ich muss aber ganz selbstkritisch sagen, dass wir zwar das eine oder andere in den vergangenen vier Jahren erreicht haben, den Prozess selber aber bislang nicht wirklich beschleunigen konnten.
Gibt es neben der Initiative zur Änderung der Baunutzungsverordnung auch eine Plattform der kommunal getragenen Ebene, die versucht dieses Problem grundsätzlicher anzugehen?
Das ist mir nicht bekannt. Zudem erleben wir jedes Jahr eine weitere Verkomplizierung der Gesetzeslage. Selbst bei der Unterbringung von Flüchtlingen werden wenige Ausnahmen gemacht. Selbst wenn man sagt, es gibt jetzt die gesetzgeberische Initiative, bestimmte Standards außen vor zu lassen und Mitbestimmungsrechte von Nachbarn im Baugenehmigungsprozess zu beschränken, muss man doch auch die Wirklichkeit betrachten. Die sieht so aus, dass große Teile dieser Idee vor dem Verwaltungsgericht keinen Bestand haben. Man muss an die Dinge eventuell anders herangehen. Zum Beispiel indem man sagt, wir können akzeptanzschaffende Beteiligungsverfahren nicht auf null setzen, sondern wir sollten versuchen, den Gesamtplanungsprozess – wozu auch die Akzeptanzschaffung vor Ort gehört – einfach in einem schnelleren Durchgang zu absolvieren, ohne die Qualität der Projekte zu verlieren.
Die Frage der Beteiligung der Bürger hat sich zusehends zu einem formalisierten Verfahren statt zu einem qualifizierenden Verfahren entwickelt, oder?
Das ist zum Teil so, aber es gibt auch ganz gute Erfahrungen mit einer auf die Bürger zugehenden Planungsmethode, bei der man frühzeitig den Dialog sucht und keine Informationen zurückhält. Das gehört zu jedem Bauvorhaben dazu, es ist ein Eingriff in unsere Umwelt. Wir müssen darstellen, warum ein neues Haus ein Quartier bereichert. Es gibt immer andere Meinungen und man wird im Laufe eines Prozesses immer Änderungen vornehmen. Aber wir müssen dann ein Projekt auch irgendwann zügig realisieren können.
Beteiligen Sie sich als Hamburg Team an den Fragen der Flüchtlingsunterbringung, auch durch Projektentwicklungen?
Im Augenblick noch nicht, weil uns nicht richtig klar ist, wo die Entwicklung hinführt. Letztlich müssten wir es natürlich schaffen, die Menschen ganz normal in den Wohnungsmarkt zu integrieren. Und dafür haben wir definitiv zu wenige Wohnungen. Wir müssen versuchen die Fertigstellungszahlen im normalen Wohnungsbau zu erhöhen. Da sind wir als Projektentwickler Hamburg Team sicherlich sehr aktiv, indem wir versuchen Grundstücke oder Flächen für neuen Wohnungsbau nach vorne zu bringen, die es auf dem Radar der planenden Verwaltung noch gar nicht gibt.
Sie sprechen auch davon, Weiterentwicklung von Quartieren ohne Verdrängung, also Segregation, zu leisten. Wie gehen Sie damit konkret um?
Wir versuchen in jedem unserer Projekte einen Mehrwert für das Umfeld darzustellen. Denn Projektentwicklung hat auch eine Verpflichtung gegenüber den Quartieren und Städten. Wir bei Hamburg Team sehen uns als Partner der öffentlichen Verwaltung. Das heißt, wir sind als Unternehmer diejenigen, die letztlich durch ihre Projektentwicklung dafür sorgen, dass sich Stadtentwicklungsideen in Gebäuden materialisieren können. Damit befinden wir uns an einer Nahtstelle, wo das Wünschenswerte, was sich so mancher in der Politik erhofft, zugespitzt wird auf das, was wir kaufmännisch verantworten können. Wir tragen nicht nur Verantwortung gegenüber Politikern, sondern auch gegenüber denen, die wir in den Bauunternehmen mit Arbeitsplätzen versorgen, indem wir eine konstante Baunachfrage aufrechterhalten. Deswegen können wir nur Projekte realisieren, die zumindest ihre Kosten decken. Das ist meist ein ziemlich schwieriger Standpunkt, weil er nur das verfolgt, was eine Bank finanziert. Wir haben eine Idee, ein Gebäude, eine Weiterentwicklung im Quartier oder etwas anderes und dafür werben wir. Wir werben bei unseren Geldgebern, uns diese Vision zu finanzieren. Wir werben bei den Grundstückseigentümern, uns für dieses Projekt das Grundstück zu verkaufen. Und wir werben natürlich auf dem Markt um Nachfrage, um Nutzer für dieses Gebäude. Es ist unsere Aufgabe, das Kapital zusammenzutrommeln, um eine gewünschte und sinnvolle Produktidee zu realisieren. Wir müssen zwischen ganz vielen verschiedenen politischen Kulturen, zwischen unterschiedlichen Vorstellungen von Menschen vermitteln. Denn nicht jeder findet moderne Architektur gut. Und wir versuchen mit der Architektursprache der Gegenwart an die Themen heranzutreten. Darüber gibt es immer wieder Diskussionen, aber die führen wir dann auch und versuchen zu überzeugen, dass es an dieser Stelle der richtige Beitrag ist.
Vielen Dank für das inspirierende Gespräch.
Das Interview führte Johannes Busmann
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