Bremen-Hemelingen ist als Stadtteil von Arbeitslosigkeit und brachliegenden Industriekomplexen geprägt und steht vor der Herausforderung, die neu entstehenden Nachbarschaften mit Hilfe von sozialer und urbaner Inklusion zu unterstützen.
Urbane Labore
Urbane Labore sind multifunktionale Experimentierräume für Arbeits- und Integrationsmodelle für Geflüchtete. Gleichzeitig dienen sie als Treffpunkte für die Nachbarschaft mit dem Potenzial, Impulse zu geben, die über die Stadtteilgrenzen hinaus wirken. In Zwischennutzungen können in Bremen in Zukunft Arbeitsräume neben gemeinschaftlich genutzten und öffentlich zugänglichen Flächen entstehen. Dabei ist das urbane Labor innerhalb des Stadtteils mit bereits bestehenden Kultureinrichtungen sowie Bildungs- und Qualifizierungsträgern vernetzt. Ziel ist die Entwicklung eines Ortes, der urbane und soziale Inklusion für Geflüchtete verspricht, Anlaufpunkt für alle Stadtteilbewohner ist und Formen der Arbeitsmarktintegration bereithält.
Im Jahr 2016 wird Bremen circa 8.000 Flüchtlinge aufnehmen. Quartiere, in denen die Situation aufgrund von Arbeitslosigkeit und Leerstand bereits vor dem Zuzug von Flüchtlingen angespannt war, müssen diese zusätzliche Herausforderung meistern. Gleichzeitig müssen in Bremen weitere Anreize geschaffen werden, welche die Stadt für die 25- 35-Jährigen langfristig attraktiv macht. Mit dem Aufbau eines urbanen Labors wird ein experimenteller und multifunktionaler Möglichkeitsraum geschaffen: Als Gründerzentrum stellt es vor allem günstig Büro- und Arbeitsräume für Kreativunternehmen und Gründer zur Verfügung. Die räumliche Nähe zu Wohnmöglichkeiten für Geflüchtete ist dabei kein Zufall, sondern Motor des gesellschaftlich engagierten Impetus des urbanen Labors. Hier entsteht ein komplexer Knotenpunkt für bestehende und neu geschaffene Kultur- und Bildungsangebote im Stadtteil. Bildungsträger mit Raumbedarf sollen neben Kreativunternehmen als neue Mieter einziehen. Grundlage für die Implementierung des Urbanen Labors ist die Kollaboration mit Experten der Bildungs- und Arbeitsmarktlandschaft ebenso wie mit lokalen Vertretern der Beiräte, Kultur- und Sportvereinen und den Schulen. Von einem urbanen Labor gehen kreative Impulse und nachhaltige Strategien für das Zusammenleben und Arbeiten im gesamten Stadtteil aus.
WURST CASE als Prototyp eines Urbanen Labors
Als ausbaufähiger Prototyp eines urbanen Labors kann der aktuelle Standort der ZwischenZeitZentrale Bremen (ZZZ) gelten: WURST CASE, das vierstöckige Verwaltungsgebäude auf dem Könecke-Areal, wird kleinteilig an über 50 Akteure zwischen 18 und 68 Jahren untervermietet.
Gemeinsam mit der Projektkoordinatorin eines nahegelegenen Übergangswohnheims wird seit April 2016 die Idee einer Fahrradselbsthilfewerkstatt im Erdgeschoss des WURST CASE verwirklicht. Die Fahrradwerkstatt bedient den Bedarf nach Mobilität der ankommenden Menschen und soll gleichzeitig interkultureller Treffpunkt für alle Stadtteilbewohner und Geflüchtete sein. Unterstützt durch Ehrenamtliche wird die Werkstatt mehrmals in der Woche den WURST CASE mit einem niedrigschwelligen, gemeinnützigen Angebot für den Stadtteil öffnen. Die Räume im WURST CASE werden durch die Miete der regulären Nutzer finanziert, sodass die Möglichkeit besteht, ehrenamtlichen Initiativen gegen kleines Geld kurzzeitig Seminarräume zur Verfügung zu stellen.
Architekten, Künstler, Filmemacher, Designer, 3D-Drucker-Tüftler, Philosophen und andere Freischaffende bilden die kreative Nutzergemeinschaft im WURST CASE. Die heterogenen Mieter tragen zum sozialen Funktionieren des urbanen Labors bei und gestalten gemeinsam mit der ZZZ die Öffnung des WURST CASE für den Stadtteil.
Verknüpfungen zu lokalen Stadtteilakteuren bestehen bereits seit Sommer 2011, dem Gründungsjahr des Projekts. Seither besteht zu allen lokalen Akteuren aus Politik, Wirtschaft sowie der Kultur und Bildungslandschaft Hemelingens Kontakt, der laufend durch Kooperationsprojekte intensiviert wird. Aktuell wird vor allem an dem Aufbau eines interkulturellen und integrativen Angebots für Geflüchtete aus nahegelegenen Übergangswohnheimen gearbeitet. Auch im Zuge dessen arbeitet die ZZZ daran, die kollaborative, temporäre Nutzung der weiteren leer stehenden Gebäude auf dem Könecke-Areal zu prüfen und möglicherweise gemeinsam mit dem Eigentümer zu realisieren.
Kreative Köpfe geben Einblicke in ihre Arbeit
Mit einem interkulturellen Sommerfest im August 2016 öffnet sich der WURST CASE für die Stadtteilbewohner, für Geflüchtete aus den umliegenden Übergangswohnheimen sowie für Freunde und Kollegen. Derzeit entwickelt die Nutzergemeinschaft des WURST CASE gemeinsam partizipative Ideen zur Gestaltung des Festes. Ein Workshop-Programm sowie ein angeleiteter Fotospaziergang werden den Tag der offenen Tür bereichern. Auf der Hofbühne werde Musiker aus dem WURST CASE und regionale Bands performen. Darüber hinaus wird eine Fassade im Rahmen eines Mitmachprojekts großflächig neu gestaltet. Auch die Fahrradselbsthilfewerkstatt wird ihre Türen öffnen und in Kooperation mit der Verkehrswacht ein Sicherheitstraining veranstalten.
Ballspielfläche im Innenhof
Im Anschluss an das Sommerfest will die ZZZ mit einer öffentlichen Ballspielfläche ein niedrigschwelliges Angebot für die neue Nachbarschaft schaffen. Gemeinsam mit der Fahrradselbsthilfewerkstatt wird so mehrmals in der Woche die Chance geschaffen, den ehemaligen Industrieleerstand als öffentlich zugänglichen Möglichkeitsraum in der individuellen Mental Map der Stadtbewohner
zu verankern.
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