POLIS KEYNOTES IN DÜSSELDORF // DIGITALE STADT

Was bedeutet die immer weiter zunehmende Digitalisierung für unsere Städte? Und vor welche Chancen und Herausforderungen sehen wir uns als urbane Gesellschaft gestellt? “Cloud Computing”, “Big Data”, “Sharing Economy” und “soziale Netze” sind nur einige Schlüsselwörter in diesem Zusammenhang, die auch bei den ersten polis Keynotes 2017 in Düsseldorf diskutiert wurden. Das Thema brachte rund 90 Gäste in die Räumlichkeiten der Rechtsanwaltskanzlei Hogan Lovells International LLP, wo vier spannende Impulsvorträge von relevanten Experten aus unterschiedlichsten Branchen für inspirierende Eindrücke und anschließenden Gesprächsstoff sorgten.

Den Start machte der Vorstandsvorsitzende des Vereins Digitale Stadt Düsseldorf, Stephan Schneider. Er sieht die Digitalisierung als wichtiges unterstützendes Instrument, um vernünftig planen und analysieren zu können. Einen Nachteil sieht Schneider vor allem in hohen bürokratischen Hürden: „Es sollte weniger verwaltet und zu Tode prozessualisiert oder kaufmännisch und rechtlich tot gerechnet werden. Ein Innovationsschub nach dem Motto ‚einfach mal machen’ wäre dienlich.“

Stefan Dahlmanns ist Niederlassungsleiter in Nordrhein-Westfalen für den Immobilienprojektentwickler formart. Gerade auch seine Erfahrungen im Zusammenhang mit den Möglichkeiten der Digitalisierung und die spezielle Perspektive des Projektentwicklers, brachten überraschende Impulse: „Neue Projekte erzeugen erst einmal vielfach Angst. Twitter, Facebook und die ganzen Kommunikationskanäle, die wir haben, sind in diesem Zusammenhang eine tolle Möglichkeit, um richtige Informationen zu verbreiten und damit zu einer hoffentlich objektiven Entscheidungsfindung beizutragen – Thema Bürgerbeteiligung. Das Problem ist, dass eine solche Bürgerbeteiligung schnell einmal in Bedenkenbeteiligung umschlägt.“ Dann könne es der Projektentwickler nicht mehr steuern, so Dahlmanns weiter, und oftmals scheine es so, als existiere ein Gegenstrom: „Wir versuchen unsere Projekte der Stadtbevölkerung näher zu bringen. Nicht selten werden dann aber Bilder erzeugt, in denen wir den Menschen Bäume und Parks wegnehmen und Gebäude einreißen. Die Digitalisierung ist ein tolles Werkzeug, aber immer auch eine Gratwanderung auf Messers Schneide.“

Volker Kluitmann, der Leiter des Geschäftsbereichs Immobilienkunden bei der Stadtsparkasse Düsseldorf, eröffnete den Gästen interessante Einblicke und Verknüpfungspunkte zwischen Digitalisierung, Projektentwicklung und – natürlich – Finanzierung. Er sprach von der Notwendigkeit, disruptive Denkansätze zuzulassen, um Wachstum zu generieren. Ein viel zitiertes und später in der Diskussionsrunde intensiv behandeltes Stichwort in diesem Zusammenhang war das des „Crowdfundings“: Hat diese Art der „Finanzierung durch Massen“ tatsächlich eine Chance im Immobilienbereich? Kluitmann glaubt nein: „Crowdfunding ist ein ergänzender Baustein. Und bis zu einer gewissen Größenordnung kann man damit auch Bankenfinanzierung ersetzen. Aber ich kann mir noch nicht wirklich vorstellen, dass große Produkte, große Immobilien, über Crowdfunding finanziert werden. Denn die Anzahl von Menschen, die ich brauche, um mehrere Millionen zusammenzutragen, ist exorbitant groß. Und derjenige, der viel Geld investieren will, der wird das nicht über Crowdfunding machen, sondern über eine Kapitalsammelstelle oder eine eigene Strategie im Investmentbereich.“

Auch der letzte Vortrag des Abends von Hogan Lovells Anwältin Sabine Reimann war höchst anspruchsvoll. Ihr Thema: die logistischen sowie rechtlichen Herausforderungen im urbanen Raum im Zusammenhang mit sich immer weiter ausdifferenzierenden Lieferungsbedingungen. Denn mehr Bestellungen bedeuten mehr Päckchen. Und mehr Päckchen bedeuten mehr LKW. Daraus wiederum folgen kompliziertere Zustellungswege, Situationen, die sich immer öfter in rechtlichen Grauzonen bewegen: „Was passiert beispielsweise, wenn Sie nicht da sind und der Nachbar nimmt das Paket an, Sie bekommen aber keinen Zettel in den Briefkasten geworfen vom Postboten? Wer trägt am Ende die Verantwortung, wenn eine Rechnung nicht fristgerecht beglichen wurde? Der Nachbar? Der Postbote? Sie selbst?“

Die anschließende Diskussionsrunde beleuchtete das gesamte Thema Stadt, urbanes Leben und Digitalisierung noch einmal aus einer übergeordneten Perspektive, Moderator Johannes Busmann, Geschäftsführer von polis, fragte nach den Chancen und Risiken und der Zukunft der digitalen Stadt. Einig waren sich alle Redner am Ende darüber, dass uns Menschen die Stadt als wahrhaftiger Ort nie verloren gehen wird, trotz oder gerade wegen der zunehmenden Digitalisierung. Sie wird immer ein Sehnsuchtsort bleiben, in dem wir uns als Menschen wiederfinden, sozialisieren und mit dem wir uns identifizieren. So schloss Düsseldorfs Baudezernentin Cornelia Zuschke mit den Worten: „Ich wünsche mir ein positiv gestaltbares Bild der Stadt, entlastete Räume, lebenswerte Räume, in denen wir uns als Menschen begegnen können mit allen Hilfsmitteln, die wir brauchen. Und ich wünsche mir die Fähigkeit, das Hilfsmittel der Digitalisierung zu nutzen, komplexe Fragen auch komplex und integriert anzugehen.“


Fotos © Andreas Fischer

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