Bellevue di Monaco – dass sich dahinter ein Wohn- und Kulturzentrum für Geflüchtete verbirgt, würde man aus dem Namen erstmal nicht schließen. Tatsächlich ist das Haus, das 2016 von einer Bürgerinitiative ins Leben gerufen wurde, über Münchens Grenzen hinaus bekannt für seine Arbeit, die es im Sinne einer Begegnungsstätte für alle Interessierten geleistet hat. Entstanden ist die Sozialgenossenschaft in drei vor dem Abbruch geretteten Häusern im Glockenbachviertel nahe Münchens Zentrum. Geflüchtete finden hier einen Ort zum Wohnen, wo sie eine Beratung in Anspruch nehmen können und eine Plattform für die Themen Migration und Flucht geschaffen wurde.
Begonnen hat die ganze Initiative schon 2012, als sich verschiedene Kulturschaffende in München zusammentaten und eine besondere Aktion starteten: Eines nachts wurden in einer Performance die Pinsel geschwungen und einer der leerstehenden Wohnungen ein neuer „Anstrich“ verpasst, der die Aufmerksamkeit der Stadt und ihrer Bewohner erweckte – man wollte die Verantwortlichen zu einem Umdenken bewegen. Als dann 2014 auch noch die Zahl der Flüchtlinge stark anstieg, war den Engagierten klar, was zutun war: Sie wollten geflüchteten Jugendlichen und Familien einen Ort bieten, wo sie sich nach den Strapazen und furchtbaren Ereignissen wieder ein wenig heimisch fühlen konnten. Zugleich sollte eine offene Begegnungsstätte entstehen, um den Kontakt mit der lokalen Bevölkerung zu fördern und andersherum.
Dazu mussten die Gebäude allerdings erst einmal saniert und modernisiert werden. Dafür wurde ein Konzept entwickelt, das so viel Baumasse wie möglich von den Altbauten erhalten wollte. Matthias Marschner aus dem Münchner Büro Hirner & Riehl bezog bei diesen Arbeiten die Geflüchteten stark mit ein – so entstanden nicht nur erste Kontakte. Sie erlernten dadurch auch schon allerhand Fähigkeiten als Maler, Fliesen- oder Bodenleger. Erst als Praktikanten angestellt, hatten die Geflüchteten dann gute Chancen auf einen späteren Ausbildungsplatz bei den kooperierenden Unternehmen – fünf junge Menschen konnten auf diese Weise vermittelt werden.
Herausgekommen ist ein modernes, aber schlichtes Wohngebäude, das Urbanität und Offenheit ausstrahlt.
In der kompletten Sanierungsphase wurden die zukünftigen Bewohner immer mit einbezogen – so wurden Ideen entwickelt, wieder verworfen, überarbeitet und bis sie schließlich in neuen Lösungswegen mündeten. Neben den Wohnungen entstand schlussendlich auch ein heller, hoher Raum, der in ein Café umgebaut wurde, das mittlerweile das Herzstück des Projekts darstellt. Wo können neue Begegnungen besser stattfinden als bei einem Teller Mezze oder einem leckeren Kaffee? Dabei wurden auch die Entwürfe für das Interieur gemeinsam entwickelt. Dazu wurde noch Industriedesigner Michael Geldmacher samt Design-Studierender der Hochschule München für den Entwurf sowie ein Partner aus der Industrie für die Fertigung des Mobiliars ins Boot geholt. Die einzelnen Teile werden seitdem in Workshops unter Anleitung von den Geflüchteten angebracht, beschichtet sowie mit persönlichen Schriftzügen und Motiven versehen. Die Tische und Stühle im Stil der 50er Jahre können von den Besuchern des Cafés erworben werden. Der Erlös geht natürlich an die Genossenschaft Bellevue di Monaco.
Insgesamt ist es ein Paradebeispiel für ein gelungenes Integrationsprojekt geworden, wo Geflüchtete warm und offen willkommen geheißen werden und zugleich ein natürlicher Kontakt mit der lokalen Bevölkerung entsteht.
(baunetz berichtete.)
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Fotos © Leonie Liebich | Wikimedia Commons
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