
© Stadt Potsdam / Viet Anh Hok
Kaum eine Stadt leidet nicht unter Wohnraumknappheit. Auch der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam ist die Komplexität der Wohnungssuche bewusst. Sie begegnet ihr mit einem neuen Ansatz: einer analogen Koordinierungsstelle für Wohnungstausch. Eröffnet wurde die neue Koordinierungsstelle am 14. September von der Beigeordneten für Ordnung, Sicherheit, Soziales und Gesundheit, Brigitte Meier, dem kommissarischen Fachbereichsleiter Wohnen und Arbeit, Gregor Jekel gemeinsam mit Projektleiter Joachim Faßmann sowie seinen Kolleginnen und Kollegen vom kollektiv stadtsucht.
Angebot richtet sich vor allem an Senioren und Familien
Mit der neuen Koordinierungsstelle unterstützt die Stadt das Ziel, bedarfsgerechten und bezahlbaren Wohnraum in Potsdam zu ermöglichen. Das Angebot spricht insbesondere Senioren und Familien an: Erstere können sich durch veränderte Lebensumstände räumlich verkleinern, während Familien wachsende Raumansprüche entwickeln. Mit der Vermittlung und Begleitung der Wohnungstausche trägt die Koordinierungsstelle zur Umsetzung des wohnungspolitischen Konzepts der Stadt bei. Das Modellprojekt ist als Experiment zunächst für die Dauer von zwei Jahren angelegt. Die bieten die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen der Stadt Potsdam, die anhand bestehender Erfahrungen und den Potenzialen des Wohnungstauschkonzepts den Rahmen für das Projekt entwickelten. Dementsprechend formulierten sie persönliche Kommunikation, Beratung und die Begleitung des Wohnungstausches als zentrale Aufgaben der Einrichtung. „Das Konzept des Wohnungstausches per se ist keine neue Erfindung: Das wurde auch schon in der DDR angewendet. Es gibt heutzutage Online-Tauschbörsen, in Potsdam hingegen wählten wir bewusst eine analoge Variante, um insbesondere Senioren erreichen zu können.“, erläutert Joachim Faßmann vom kollektiv stadtsucht.
Es mangelt insbesondere an großen Wohnungen
„Die Emotionalität des Themas Wohnen ist zentral für unsere Arbeit. Wir sprechen mit den Menschen über die Vorteile, die eine räumliche Verkleinerung bietet, aber drängen oder überreden sie nicht. Alle involvierten Parteien: Die jeweiligen Mieter und Vermieter müssen einen Nutzen aus dem Tausch ziehen können“, unterstreicht Faßmann. Kriterien wie Miethöhe, Barrierefreiheit oder die Nähe zur Familie sind nur einige der Gesichtspunkte, die für einen erfolgreichen Wohnungstausch berücksichtigt werden müssen. Aber auch die Erreichbarkeit der Zielgruppe Senioren stellt eine Herausforderung dar: „Wir stehen hier am Anfang. Mit der physischen Anlaufstelle verfolgen wir den richtigen Ansatz, aber die Corona-Pandemie, bei der Senioren eine klare Risikogruppe sind, stellt seit der Eröffnung eine Herausforderung dar.“ Dass es dem Potsdamer Wohnungsmarkt insbesondere an großen Wohnungen mangelt, zeigt sich auch an den über 80 Anfragen, von denen sich der Großteil eine größere Wohnung wünscht. Dem gegenüber steht die geringe Zahl an Mietern, die ihre große Wohnung gegen eine kleinere eintauschen möchten. Das liegt v. a. auch an der Sensibilität des Themas.
„Das Ganze ist ein Experiment“
Die Koordinierungsstelle leistet in jeder Hinsicht Hilfestellung. Sie führt Gespräche mit interessierten Mietern und dokumentiert ihre Vorstellungen und Ansprüche an eine zukünftige Wohnung. „Das Ganze ist ein Experiment, bei dem wir herausfinden, welche Aufgaben zukünftig auf uns zukommen werden und wie wir die gestalten können“, resümiert Faßmann. Tipps und Erfahrungswerte holt sich das Kollektiv bei Wohnungstauschprojekten anderer Städte, ist zugleich mit dem aufsuchenden und direkten Kommunikationsansatz auch schon Ansprechpartner für andere Initiativen geworden.
Ein Netzwerk mit der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft und privatwirtschaftlichen sowie genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen unterstützt das Projekt. Und auch die Kommunikation mit relevanten Partnern der Potsdamer Wohnraumversorgung leistet einen wertvollen Beitrag zur Umsetzung des Tauschprozesses.
Um die Wohnungswünsche der Potsdamer und Potsdamerinnen zukünftig noch besser erfüllen zu können, strebt die Koordinierungsstelle langfristig eigentümerübergreifende Tausche zwischen verschiedenen Wohnungsgesellschaften, -unternehmen und privaten Eigentümer an. Hierbei zwischen den Interessen der einzelnen Akteure und Akteurinnen zu vermitteln, wird zunehmender Bestandteil des Experiments sein.
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