
© Mäckler Architekten
Es ist still in der Havkenscheider Höhe. Autos sieht man keine. Nur ein paar Kinder, die auf einer der Spielstraßen spielen. Plötzlich fährt ein Auto ins Wohngebiet und verschwindet gleich darauf wieder. Es ist Familie Müller, die ihr Elektroauto zum Laden in die Quartiersgarage bringt. Bei der Gelegenheit buchen sie via App einen Bollerwagen, um den Kasten Wasser aus dem Supermarkt in die nahegelegene Wohnung zu bringen. Geräuschvoll rollt der Bollerwagen durch die Straßen zum Haus. Dann ist es wieder still.
Was wie ein Zukunftsszenario klingt, soll in Bochum in vier Jahren bereits Realität werden. Dann entsteht mit der Havkenscheider Höhe das erste autoreduzierte Quartier der Stadt. Private Pkw gibt es weiterhin, doch sie verschwinden aus dem Sichtfeld der Bewohner:innen. Platz finden sie in der Quartiersgarage sowie auf einigen wenigen öffentlichen Stellplätzen. Die Konzentration des ruhenden Verkehrs an einem zentralen Standort reduziert den Flächenbedarf und schafft neue Räume mit Aufenthaltsqualität. Unbeschwert im Wohnquartier bewegen und sogar auf der Straße spielen ist dann ohne Weiteres möglich, denn ins Quartier gelangen Autos ausschließlich über verkehrsberuhigte Straßen sowie eine zentrale Fahrradstraße. „In der Havkenscheider Höhe wird die Straße zum öffentlichen Raum, die von den Bewohner:innen intuitiv genutzt werden kann – sei es für sportliche Aktivitäten wie Joggen und Walken oder als Spielfläche für Bobby-Car-Rennen oder Hüpfspiele“, sagt Eckart Kröck, Leiter des Bochumer Amtes für Stadtplanung und Wohnen.
Multimodale Verkehrsangebote als attraktive Alternative zum Auto
Doch es muss nicht immer gleich das eigene Auto sein. Einen Schwerpunkt des Bochumer Mobilitätskonzepts bildet das haustürnahe multimodale Verkehrsangebot, das durch seine schnelle Verfügbarkeit und leichte Nutzung eine attraktive Alternative zum eigenen Auto bieten soll. So kann gemäß der Planungen im künftigen Quartier über die in der Quartiersgarage integrierte Mobilstation jederzeit zwischen eigenem Pkw, Carsharing, Fahrrad, E-Bike, Lastenrad oder Bollerwagen gewählt werden. Gebucht werden die Angebote online über die MuttiApp des Bochumer Mobilitätsdienstleisters BOGESTRA oder in der nahegelegenen Mobilitätszentrale am Quartiersplatz. „In der Mobilitätszentrale erhalten die künftigen Bewohner:innen Informationen und Hilfe zu den Mobilitätsangeboten sowie weitere Serviceangebote“, erklärt Patricia Kraus, Projektleiterin Mobilität vom Amt für Stadtplanung und Wohnen in Bochum. So soll es unter anderem Akku-Aufladestationen für E-Bikes, eine Paketabholstation, einen Automaten mit Fahrradzubehör sowie eine kleine Fahrradwerkstatt geben. Vier Mobility-Points für Fahrräder und E-Bikes mit Ladestation ergänzen die alternativen Mobilitätsangebote im Quartier sowie an nahegelegenen Haltestellen außerhalb des Quartiers.
Mit dem Fahrrad zur Arbeit
Mit dem Fahrrad oder E-Bike kommen die Bewohner:innen schnell an ihr Ziel, sei es direkt oder über den Umstieg in den Bus, die Bushaltestelle ist schnell erreicht. Eine Fahrt mit dem Auto lohnt sich kaum, schließlich kommt alle fünf Minuten ein Bus, der auch die Kinder sicher zu Schule bringt.
Umso weniger man das Auto im Quartier sehen wird, desto stärker tritt dafür das Fahrrad in Erscheinung. Denn dem Radverkehr wird hier ein großer Stellenwert eingeräumt. Die zentrale Erschließungsstraße wird als Fahrradstraße gebaut: Hier haben Fahrräder Vorrang.
Die Fahrradstraße führt entlang einer langen Promenade bis zum Havkenscheider Park – einem Naherholungsgebiet mit zahlreichen Grünflächen und einem Landschaftssee. Auch weitere attraktive Touren bieten sich an. Über drei zentrale Radwegeverbindungen sind mit dem Fahrrad künftig die Bochumer Innenstadt sowie zahlreiche Nachbarstädte und -kreise erreichbar.
Autoreduzierte Straßen mit Aufenthaltsqualität, attraktive Mobilitätsangebote vor der Haustür und eine gezielte Förderung des Radverkehrs – das erwartet die künftigen Bewohner:innen der Havkenscheider Höhe in Bochum. Für dieses innovative Konzept wurde die Stadt Bochum vom NRW-Verkehrsministerium im Rahmen des Landeswettbewerbs „Mobil.NRW – Mobilität in lebenswerten Städten“ ausgezeichnet. Als eine von insgesamt sieben Kommunen in NRW konnte damit Bochum bis Ende März einen Antrag auf Förderung des Projektes stellen.
Weitere Informationen: www.bochum.de/ostpark
Schreibe einen Kommentar