
© Sven Pacher
Als Gründerin Lana Horsthemke das Projekt 2015 gemeinsam mit einem Freund startete, hatten die beiden eine Vereinsgründung noch nicht im Sinn. „Wir hatten ein Problem entdeckt und das Gefühl, etwas tun zu müssen: Wir begleiteten eine nigerianische Freundin zu Behördenterminen und merkten, dass es mit deutschen Staatsangehörigen im Gepäck oft viel schneller staatliche Unterstützung gibt. Selbst in einer in Bezug auf Integration so gut aufgestellten Stadt wie Wuppertal“, erklärt Lana. Infolgedessen schrieb sich das Duo auf die Fahne, mehr Menschen dazu zu bewegen, Zugewanderte zu unterstützen und sich zusammen mit ihnen durch den deutschen Behörden-Dschungel zu manövrieren. Die Idee, Kontaktpersonen an Geflüchtete zu vermitteln war geboren.
Die ersten sechs Monate verbrachten die beiden Anfang 20-jährigen Studierenden jegliche freie Zeit damit, ein Konzept zu erstellen und klapperten nebenher mehrere Vereine und Einrichtungen ab, in der Hoffnung, irgendwo andocken zu können. „Leider sind wir entweder auf zu wenig Ressourcen oder auf Misstrauen gestoßen. Unsere Idee war noch jung und 2015 war ein Jahr, das neben unglaublichem Engagement auch von viel kurzweiligem Aktionismus geprägt war“, erinnert sich Lana.
Doch die Ausdauer und Beharrlichkeit der beiden zahlte sich aus. Ein gemeinsamer Freund organisierte einen Termin beim Sozialdezernenten und empfahl den beiden, einen Verein zu gründen. „Der Termin lief gut. Der Dezernent beauftragte die damalige Leiterin des Fachbereiches Integration und Zuwanderung damit, uns zu unterstützen. Während wir unser Konzept mit der Stadt weiter ausarbeiteten (die Idee: wir akquirieren und vermitteln Ehrenamtliche, die Stadt vermittelt uns Geflüchtete), nahm die Vereinsgründung fast ein Dreivierteljahr in Anspruch. Von dem Notar, den wir selbst bezahlt und beauftragt hatten, schlecht beraten, sandte uns das Amtsgericht unsere Satzung mehrfach zurück“, erklärt Lana. Ende 2016 war es dann endlich so weit: Mit fünf weiteren Gründungsmitgliedern aus dem Kreis ihrer Familien waren sie nun ein eingetragener Verein. Utopiastadt, ein ebenfalls gemeinnütziges Wuppertaler Projekt, stellte kostenfrei einen Raum für die Auftaktveranstaltung zur Verfügung. Neben den Räumlichkeiten fanden Lana und Tom dort auch eine andere wichtige Ressource für den Vereinsgründungsprozess: Know-how. Die Ehrenamtlichen von Utopiastadt halfen den beiden u. a. dabei, das richtige Buchhaltungsprogramm zu finden und zu benutzen sowie mit WordPress eine eigene Homepage zu erstellen.

© die Stadtzeitung
Mit einer ersten Gruppe von fünf Kontaktpersonen begannen Anfang 2017 die ersten Vermittlungen, für die sich der Verein immer wieder bei verschiedenen Initiativen Räume organisieren musste. Ungefähr zur gleichen Zeit lockerten Lana und Tom die Kooperation mit der Stadt, da die Geflüchteten vor allem über andere Wege zu ihnen kamen und das Projekt auf die sehr dynamische Situation der Bedarfe reagieren musste – also zu schnell für die üblichen Verwaltungsstrukturen. Durch das Förderprogramm KOMM-AN NRW konnte der Verein im April 2017 sein eigenes Büro beziehen. „Ohne diesen Raum wäre das Projekt vermutlich gescheitert: Der Raum gab uns nicht nur die Möglichkeit, unser Team zu erweitern, sondern auch einen Ort für Ideen, Termine und die Weiterentwicklung des Projektes zu haben. Mit einem Team aus inzwischen vier Personen vermittelten wir im ersten Jahr 20 Kontakt-Teams und begannen, die Vermittlung um andere Angebote zu ergänzen. Zur gleichen Zeit gab es auch einen ersten Flyer, den uns ein Freund gestaltet hatte und dessen Druckkosten wir mit Spenden unserer Mitbewohner finanziert haben“, so Lana.
Mittlerweile besteht Hand in Hand aus einem Team von 25 Ehrenamtlichen. Viele von ihnen sind selbst erst seit 2015 in Deutschland. Inzwischen gibt es Sprachtrainings, Jam-Sessions, Koch-Gruppen, Bewerbungshilfen und viele weitere Angebote. Mitte 2019 hat das Projekt die nächste Vorstands-Generation übernommen. „Wir alle sind unendlich froh, dass wir weitergemacht haben. Unser Projekt war dank viel Beharrlichkeit, Frustrationstoleranz, persönlichen Ressourcen und vor allem anderen urbanen Helden erfolgreich – es hätte aber ebenso gut auch scheitern können. Für Menschen, die von Haus aus mit weniger Ressourcen ausgestattet sind, wäre es vielleicht unmöglich gewesen“, resümiert Lana.
Die Gründerin ist sich sicher: Urbane Helden würden von besseren Beratungs- und Unterstützungsstrukturen für Gründerinnen und Gründer gemeinnütziger Projekte extrem profitieren. Hier muss dringend etwas passieren. Aus diesem Grund sitzt die 26-jährige mittlerweile auch schon an der Erstellung eines neuen Konzepts – einer Unterstützungs-Agentur für gemeinnützige Ideen und Projekte. Auch mit dieser Idee ist sie nicht alleine, sondern hat bereits Unterstützung gefunden. Lana weiß wohl aus eigener Erfahrung am besten: Helden brauchen Helden!
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