Das Wohnungsunternehmen Vonovia SE und die Immobiliengesellschaft Deutsche Wohnen SE wollen sich zusammenschließen. Das fusionierte Unternehmen soll zukünftig den Namen Vonovia SE führen. Im Rahmen dieses Zusammenschlusses wird Vonovia ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot von 53,03 Euro je Aktie abgeben: 52 Euro in bar zzgl. einer Dividende von 1,03 Euro. Dementsprechend ergibt sich eine Bewertung der Deutsche Wohnen von rund 18 Mrd. Euro (auf unverwässerter Basis). Derzeit besitzt Vonovia rund 415.000 Wohnungen in Deutschland, Schweden und Österreich, Deutsche Wohnen rund 154.600. Durch den Zusammenschluss wird das fusionierte Unternehmen zum größten Wohnimmobilienkonzern Europas, der über eine kombinierte Marktkapitalisierung von derzeit rund 45 Mrd. Euro und mehr als 500.000 Wohnungen verfügt. Der kombinierte Immobilienwert beläuft sich auf knapp 90 Mrd. Euro.
Rolf Buch, Vorstandsvorsitzender von Vonovia, über den Zusammenschluss: „Gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche Stabilität bilden ohne Abstriche die Grundlage unserer Arbeit, denn Wohnen ist für die Menschen ein Grundbedürfnis. Gleichzeitig steht der Wohnungsmarkt vor allem in der Bundeshauptstadt vor großen Aufgaben: es fehlen bezahlbare und altersgerechte Wohnungen, viele Gebäude müssen energetisch saniert werden und wir brauchen eindeutig mehr Neubau von bezahlbaren Wohnungen. Der Zusammenschluss mit Deutsche Wohnen gäbe uns jetzt die Möglichkeit, diese Herausforderungen kraftvoll anzugehen.“
Michael Zahn, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Wohnen, blickt ebenfalls positiv in die Zukunft der Unternehmen: „Das Marktumfeld ist für Vonovia und Deutsche Wohnen in den vergangenen Jahren immer ähnlicher geworden. Jetzt ist der richtige Moment, die erwiesene Leistungsfähigkeit und Stärken beider Unternehmen zu vereinen. Gemeinsam schaffen wir neue Perspektiven für unsere Mitarbeiter:innen, unsere Mieter:innen und unsere Eigentümer:innen.“
Konkrete Pläne für den Berliner Wohnungsmarkt
Die wesentlichen Eckpfeiler der Transaktion wurden in einer Zusammenschlussvereinbarung festgelegt und von beiden Unternehmen unterzeichnet. Mit der Fusion wollen die Unternehmen sich der Herausforderungen rund um Klimaschutz, bedarfsgerechtem und bezahlbaren Wohnen noch stärker annehmen.
Mit dem Land Berlin wollen die Unternehmen gemeinsam in einem „Zukunfts- und Sozialpakt Wohnen“ durch konkrete Maßnahmen Verantwortung für eine soziale und nachhaltige Wohnungspolitik übernehmen (Vonovia besitzt derzeit in der deutschen Hauptstadt rund 40.000, Deutsche Wohnen rund 110.000 Wohnungen):
- die Begrenzung der Mietsteigerungen bis 2026: In den kommenden drei Jahren werden Vonovia und Deutsche Wohnen ihre regulären Mieterhöhungen über ihren Berliner Bestand insgesamt auf höchstens ein Prozent jährlich begrenzen, in den beiden danach folgenden Jahren nur im Rahmen des Inflationsausgleichs. Auch bei Modernisierungen für den Klimaschutz verpflichten sich die Unternehmen über die gesetzlichen Vorgaben hinaus, die Modernisierungsumlage auf maximal 2 Euro pro Quadratmeter zu begrenzen.
- Forcierung des Neubaus in Berlin: Die beiden Unternehmen planen, in den kommenden Jahren den Neubau in Berlin zu forcieren.
- Förderung von Wohnraum für junge Familien im Neubau und Prävention von Obdachlosigkeit: Um junge Familien mit Kindern bei der Wohnungssuche zu unterstützen, bieten die beiden Unternehmen diesen Familien Vier-Zimmer-Wohnungen bei der Neuvermietung 10 Prozent unter der durchschnittlichen Neuvermietungsmiete des jeweiligen Stadtteils an. Daneben wollen Deutsche Wohnen und Vonovia einen wirksamen Beitrag zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit und Verhinderung von Wohnungsverlust leisten. Langfristig werden sie eine dreistellige Zahl von Wohnungen in Berlin für die Prävention von Obdachlosigkeit zur Verfügung stellen.
- Beitrag zum Ausbau des kommunalen Wohnungsbestandes: Die beiden Unternehmen planen einen Zusammenschluss und bieten dem Land an, in diesem Kontext eine signifikante Anzahl an Wohnungen aus ihrem Bestand zu erwerben.
Bei der heutigen Pressekonferenz, zu welcher der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, der Senator für Finanzen, Dr. Matthias Kollatz, der Chef der Vonovia, Rolf Buch, und der Chef der Deutsche Wohnen, Michael Zahn eingeladen hatten, wurden diesbezüglich konkrete Zahlen genannt. Demnach sind rund 13.000 Wohnungen geplant, mindestens ein Drittel davon sollen in Form von Sozialwohnungen realisiert werden; die Stadt Berlin soll rund 20.000 Wohnungen in den kommunalen Bestand übernehmen. Mit dem zusätzlichen kommunalen Wohnraum verfügt die Stadt (mit Bestands- und noch im Bau befindlichen) über rund 400.000 (kommunale) Wohnungen, dass sind etwa 20 % des Berliner Mietenmarktes. Betriebsbedingte Kündigungen im Zusammenhang mit der Transaktion haben die Mitarbeiter:innen der Konzerne bis Ende 2023 nicht zu erwarten.
Deutscher Mieterbund ist kritisch
Der Deutsche Mieterbund bewertet die Übernahme für die Mieter:innen eher kritisch. Mit Bezug auf die Pläne rund um die geringe Mietsteigerung und der geringen Modernisierungskosten von 2,00 Euro pro Quadratmeter, mit dem die Unternehmen die Mieter:innen entlasten wollen, äußert sich Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes wie folgt: „Zusagen, die zwar gut klingen, sich aber bei näherem Hinsehen zum Teil als Selbstverständlichkeiten entpuppen, die den Unternehmen wenig abverlangen. Wir können uns des Eindrucks nicht erwehren, dass beide Unternehmen aufgrund der zuletzt sehr starken Mieter:innenproteste gegen ihre Geschäftspraktiken die verbale Flucht nach vorne antreten.“ Er kritisiert weiter: „Auch dass nur von der Begrenzung der Berliner Bestandsmieten die Rede ist, spricht dafür, dass hier vor allem der Versuch unternommen wird, der erfolgversprechenden Berliner Vergesellschaftungsinitative den Wind aus den Segeln zu nehmen.“ Siebenkotten nimmt auch Bezug zum Thema Mietendeckel: „Auch die geplante Fusion ändert nichts daran, dass wir dringend einen Mietenstopp im Bestand brauchen, und zwar nicht nur in Berlin, sondern bundesweit. Außerdem brauchen wir eine flächendeckende scharfe Mietpreisbremse ohne Ausnahmen und eine Begrenzung der Mieterhöhung nach Modernisierung bei maximal 1,50 Euro pro Quadratmeter. Nur so funktioniert wirksamer Mieterschutz,“ so Siebenkotten. „Das alles kündigt Vonovia aber nicht an.“
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