Noch überwiegen die Chancen

Die Chancen einer Investition in Büroimmobilien überwiegen im dritten Quartal des Jahres 2014 in Deutschland auch weiterhin. Im Verlauf des ersten Halbjahres allerdings hat sich das Chancen- Risiken-Verhältnis verlagert. Geringfügig zwar, aber immerhin. Zum ersten Mal seit der Erstpublikation der JLL-Risikowippe Ende 2012 gab es eine Veränderung in Richtung „Risiken“. Der Wippenstand ist zwar nach wie vor positiv, einige Einflussfaktoren jedoch zeigen sich in der Tendenz negativ. Dazu gehört eine leicht rückläufige Büroflächennachfrage und eine verhaltene Einschätzung im Blick auf die Finanzierungsmöglichkeiten für Büroimmobilien. Per Saldo auf null verharren im ersten Halbjahr 2014 dagegen die gesamtwirtschaftlichen Einflussfaktoren: Die gedämpften Erwartungen beim IFO-Geschäftsklimaindex erhöhen das Risiko, während die verbesserte Einschätzung der Lage der Staatsfinanzen im Euroraum die Chancen erhöht. Darüber hinaus sind Zinsaufschläge auf Staatsanleihen der südeuropäischen Euro-Länder zurückgegangen. Gleichzeitig zeigt die erneute Leitzinssenkung der EZB, dass ein weiteres Konjunkturrisiko für den Euroraum nicht unterschätzt werden darf – die Währungshüter sind vorsichtig. Reduziert hat sich auch die Inflationserwartung, dadurch sinkt die relative Attraktivität von inflationsgesicherten Immobilienanlagen, verbunden mit steigenden Risiken. Die Folge dieser Entwicklung ist eine leicht erhöhte Risikokompensation.

Im Ausblick auf das zweite Halbjahr 2014 sind sowohl Chancen als auch Risiken für die immobilen Investmentmärkte zu erkennen. Auf der Chancenseite steht nach wie vor eine hohe Investitionsnachfrage, getrieben durch ein immer noch attraktives Finanzierungsumfeld und durch einen immensen Anlagedruck seitens der Investoren. Risikofaktoren sind die bereits erwähnten politischen Krisen im Nahen Osten und in der Ukraine sowie die Befürchtung einer global agierenden IS-Terrortruppe.

Chancenreiche Lage am Investmentmarkt
Auf dem Investmentmarkt für gewerbliche Immobilien in Deutschland wurden im ersten Halbjahr 2014 Immobilien in einer Größenordnung von 16,9 Milliarden Euro gehandelt. Ein attraktives Finanzierungsumfeld sowie die hohe internationale Nachfrage haben für einen Anstieg um 30 % im Jahresvergleich gesorgt. Büroimmobilien liegen mit einem Anteil von 40 % (6,8 Milliarden Euro) vor einzelhandelsgenutzten Immobilien mit 29 % (4,85 Milliarden Euro). Ein außergewöhnliches Halbjahresergebnis zeigt das bundesweite Transaktionsvolumen für Logistik- und Industrieimmobilien: Mit 1,83 Milliarden Euro (11 % des Transaktionsvolumens) floss bereits nach sechs Monaten mehr Kapital in diese Assetklasse als jeweils in den Gesamtjahren 2008 bis 2012. Noch nie hat die Logistikimmobilie derart viel Kapital angezogen und ist damit auf dem besten Weg, ihr Nischendasein endgültig zu verlassen. Der Anteil von Hotels legte vor allem dank größerer Portfoliotransaktionen auf gut 8 % (1,4 Milliarden Euro) zu.

Wegen des geringen Angebots sowie niedriger und sinkender Renditen im Core-Segment nehmen Investoren zunehmend höhere Risiken in Kauf. Für das zweite Halbjahr 2014 wird ein anhaltend niedriges Zinsniveau bei weiterhin hohem Anlagedruck erwartet. Bei unveränderten Rahmenbedingungen und einer sich nicht weiter destabilisierenden Stimmung dürfte ein Transaktionsvolumen in einer Größenordnung von 35 bis 40 Milliarden Euro möglich sein. Der Nachfrageüberhang nach Core-Immobilien wird bestehen bleiben, mit einem weiteren Druck auf die Spitzenrendite im Gefolge. Da sich die Renditen bereits auf einem sehr niedrigen Niveau befinden, werden die Ausschläge nach unten allerdings moderat bleiben.

Nachhaltiger Steigflug bei Midcaps
Ein höchst interessantes Investmentsegment konnte sich in den letzten Jahren professionell auf den deutschen Immobilienmärkten institutionalisieren. Die sogenannten „MidCaps“ befinden sich auf einem nachhaltigen Steigflug: Immerhin knapp ein Viertel aller in Deutschland in Immobilien getätigten Investments bewegt sich in einer Größenordnung von unter 20 Millionen Euro. Diese MidCaps zeigen seit 2012 eine deutlich dynamisierte Tendenz nach oben. Waren 2012 4,6 Milliarden Euro als MidCaps zu bilanzieren, sind es 2013 bereits 6,3 Milliarden Euro. Dieses Ergebnis für MidCap-Investments dürfte auf jeden Fall auch 2014 wieder erreicht werden, zur Jahresmitte bewegt sich das Volumen in einer Größenordnung von 3 Milliarden Euro. Bei unveränderten Fundamentaldaten könnte zum Jahresende eventuell sogar eine „sieben“ vor dem Komma möglich sein.

MidCaps boomen vor allem im Bürosegment mit einem Marktanteil von 47 % im ersten Halbjahr 2014, anteilig damit deutlich über dem Gesamtinvestmentmarkt (Büros 41 %). Kaum überraschend dagegen die Tatsache, dass Ausländer bei MidCap-Investments eher zurückhaltend sind. Liegt der Anteil der Ausländer beim Gesamtinvestmentmarkt 2014 bei knapp über 50 %, so ist der Ausländeranteil beim MidCap-Segment mit unter 25 % stark unterrepräsentiert. Ebenfalls nicht überraschend: Der hohe Anteil an Privatinvestoren, vor allem Family Offices, bei MidCap- Investitionen. Ein Anteil von 13 % schlägt hier zu Buche. Hinter den Asset-/Fonds-Managern sind private Investoren damit die zweitstärkste Investorengruppe. Dabei wird der Anteil der privaten Investoren nach unserer Einschätzung weiter zunehmen. Betongold ist speziell für private Investoren eine sichere Geldanlage, vor allem in Anbetracht der nach wie vor extrem günstigen Finanzierungskonditionen.

Ausländische Investoren spürbar risikobereiter als Einheimische
Im Gegensatz zu den Engagements ausländischer Investoren bei MidCaps zeigt sich beim Transaktionsvolumen für den gesamten gewerblichen Immobilienmarkt in Deutschland eine beachtliche Nachfrage durch grenzüberscheitend agierende Anleger. Ausländische Investoren haben seit 2009 knapp 47 Milliarden Euro in gewerblich genutzte Immobilien in Deutschland investiert. 42 % dieses Volumens flossen in Immobilen außerhalb des Core-Segments. Ausländische Investoren erweisen sich damit risikobereiter als deutsche, deren Anteil an Core-Transaktionen sich bei 62 % bewegt – bei einem allerdings deutlich höheren absoluten Gesamtvolumen –, knapp 80 Milliarden Euro. Bemerkenswert ist der Trend, der seit 2012 zu beobachten ist: Ausländische Investoren haben im Zuge des verbesserten Investitionsklimas für Gewerbeimmobilien und des damit verbundenen Preisanstiegs für Core-Immobilien ihre Risikobereitschaft noch einmal erhöht und investieren entweder auch abseits der großen deutschen Immobilienhochburgen Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Stuttgart und München (Big 7) oder suchen bewusst Immobilien mit Wertsteigerungspotenzial. Dem gegenüber reduzierte sich die relative Risikobereitschaft der deutschen Investoren seit 2012 bis zum Halbjahr 2014 kontinuierlich.

Der Investitionsdruck speziell bei Global Playern ist im Übrigen immens. So hatten allein die global aktiven Private- Equity-Fonds 2013 insgesamt fast 160 Milliarden US-Dollar an Kapital eingesammelt, das weltweit in Immobilien investiert werden soll. Das ist mehr als in den Boom-Jahren 2006, 2007 und 2008. Für das laufende Jahr ist eine weitere Steigerung zu erwarten. Neben den bekannten großen Staats- und Pensionsfonds steht eine wachsende Anzahl verschiedenster Investoren vor der deutschen Haustür, die hierzulande bislang noch nicht aktiv waren und nun ihren Markteintritt suchen. Der Wettbewerb um attraktive Immobilieninvestments dürfte insofern weiter zunehmen und manifestiert das bereits herausfordernde Umfeld auf der Käuferseite.

Chinesische Invest oren in Deutschland
Chinesen sind als Immobilieninvestoren bislang in Deutschland eher zurückhaltend in Erscheinung getreten. Allerdings ist damit zu rechnen, dass Deutschland als Investitionsstandort zunehmend auch für chinesische Investoren an Bedeutung gewinnen wird. Für den deutschen Immobilienmarkt wäre dies insofern höchst interessant, da immerhin drei der sechs weltweit größten Staatsfonds aus China kommen. Nennenswerte chinesische Investments machten zwischen 2009 und 2013 insgesamt etwas mehr als 300 Millionen Euro aus. 250 Millionen Euro entfielen dabei allein auf das zurückliegende Jahr, entsprechend einem Anteil von bescheidenen knapp 1 % des deutschlandweiten Transaktionsvolumens. 2014 war bislang nur ein kleineres Investment zu notieren, begleitet allerdings durch intensivierte Nachfrageaktivitäten.

Ein föderal strukturierter Immobilienmarkt
Nachfrager aus China müssen sich in diesem Zusammenhang in erster Linie auch auf die föderale Struktur des deutschen Immobilienmarktes einstellen. Im Europaraum gibt es kein anderes Land mit einer derartigen Vielfalt an erstklassigen Investitionsstandorten für Immobilien. Um es auf den Punkt zu bringen: Frankreich ist in erster Linie Paris, Großbritannien so gut wie ausschließlich London – in Deutschland stehen dagegen nahezu gleichberechtigte Immobilienhochburgen als attraktive Investmentstandorte in Reih und Glied, allen voran die Märkte in München, Frankfurt, Düsseldorf und Hamburg, sekundiert von Metropolregionen wie Mannheim/Karlsruhe oder Nürnberg/Erlangen. Nicht von ungefähr gehört Deutschland im Euroraum traditionell zu den Topempfehlungen im European Regional Economic Growth Index (EREGI) von LaSalle Investment Management – mit immerhin vier Städten unter den Top 20 von fast dreihundert analysierten Immobilienhochburgen, Hauptstädten und Metropolregionen im gesamten Euroraum.

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