
Eingangssituation © Séverin Malaud
Im Westen der Schweiz liegt, gute 15 Minuten vom Genfersee entfernt, der 200 Einwohner:innen starke Ort Villy. Drei Geschwister erbten hier das von ihrem Großvater selbst gebaute Haus. Da alle dort leben wollten, wurden mit den Architekt:innen der Büros Madeleine architectes und Studio François Nantermod Möglichkeiten gesucht. Die Lösung war eine dreiseitige Umbauung des Bestands mit einer Kombination aus privaten und gemeinschaftlichen Räumen.
Die Ortschaft Villy zählt zur Gemeinde Ollon im Kanton Waadt. Die Waadtländer Alpen prägen die umgebende Landschaft: Im Osten des Dorfes strecken sich die Höhenmeter des Chamossier mitsamt eines Skigebietes empor. Auf der anderen Seite breitet sich das Tal entlang der Rhone aus. Hier bestimmen Landwirtschaft und kleinere Ortschaften das Bild. Die baulichen Strukturen bestehen überwiegend aus Einfamilienhäusern, einige werden auch als Feriendomizile genutzt.

Das alte Haus des Großvaters © Séverin Malaud

Der Umbau für drei Parteien © Séverin Malaud
Am nördlichen Rand von Villy liegt am Kopfende einer Straße ein Grundstück mit einem einst kleinen Haus, das der Großvater selbst erbaute und später an seine drei Enkelkinder vererbte. Die Geschwister wollten allesamt auf dem Hanggrundstück leben, doch der Bestandsbau war definitiv zu klein. Mithilfe einer partizipativen Arbeitsweise mit Diskussionen und Gesprächsrunden gelang es den Bauleuten gemeinsam mit dem Architekt:innen von Madeleine architectes und Studio François Nantermod das kleine Einfamilienhaus zu einem gemeinschaftlichen Mehrfamilienhaus umzubauen.
Das zugrundeliegende Konzept sieht drei unabhängige Einheiten vor, die sich an drei Seiten um das ehemalige Wohnhaus des Großvaters legen. Der Bestand im Herzen der neuen Elemente nimmt im Erdgeschoss die Anlagen der Haustechnik für die umgebenden Körper auf. Im Obergeschoss bietet er den Bewohner:innen einen ausgehöhlten Raum: An den Spuren der abgebrochenen Zwischendecke lässt sich die Vergangenheit hier noch ablesen, gleichzeitig bietet der freie Raum für die Gemeinschaft wandelbare Nutzungsmöglichkeiten.

Obergeschoss des Bestands © Séverin Malaud
Der Neubau besteht im Erdgeschoss aus drei eigenständigen Einheiten mit reduzierter Grundfläche, auf denen das auskragende Obergeschoss aufliegt. Die drei Einheiten umschließen zusammen mit privaten Terrassen und dem Zwischenraum als Erschließungszone den Bestand. Die konstruktiven Elemente inklusive der runden Stützen, die das Obergeschoss an den Ecken abfangen, sind aus Beton gefertigt. Das Obergeschoss hingegen ist in Holzbauweise mit Stahlverbindungen gefertigt. Als zusammenhängende Einheit legt es sich um das alte Haus. Die Raumgrenzen lösen sich in diesem Bereich fließend ineinander auf; so werden die Einheiten verbunden und können gleichzeitig den familiären Entwicklungen entsprechend angepasst werden.
Die Wandscheiben der Holzkonstruktion wurden vorgefertigt und vor Ort verbunden. Die Verbindung zum gemeinschaftlichen Herzstück im Obergeschoss des alten Hauses wird durch Brücken im Zwischenraum geschaffen. Der Bau des Großvaters wird so von dem Wohnraum der nächsten Generationen umarmt. Der weiße Anstrich unterscheidet das Alte auch in der Materialität deutlich von dem Neuen, dennoch bleiben Spuren der Vergangenheit sichtbar.

Fuge zwischen Alt und Neu © Séverin Malaud
Das Mehrfamilienhaus in Villy ist ein schönes Beispiel für die Erweiterung eines Wohnbaus, das die Symbiose von Bestand und Neubau respektiert und für sich nutzt. Das Projekt lässt so viel Raum für Aneignung und Anpassung, sodass es in Zukunft nicht nur mehreren Familien, sondern auch den nachkommenden Generationen einen wohl durchdachten Wohnraum bieten kann.

Private Terrasse © Séverin Malaud

Axonometrie des Umbaukonzeptes © Madeleine architectes
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