RÜCKFALLQUOTEN VON STRAFTÄTERN DURCH ARCHITEKTUR VERRINGERN?

In Dänemark, 70 Meilen von Kopenhagen entfernt, ist vor kurzem das Storstrøm-Gefängnis fertiggestellt worden. Es ist das zweitgrößte des Landes – allerdings kein klassisches Gefängnis im herkömmlichen Sinne: Von Außen betrachtet wirkt der Bau wie ein kleines dänisches Dorf oder ein Campus. Im typischen Stil dänischer Architektur gehalten, sind die Bauten gekennzeichnet durch viele Glaselemente und naturbelassene Materialien. In einem großen, grasbewachsenen Park sind die Gebäude und Straßen eingebettet. Es gibt sogar einen Spielplatz, Ackerland, eine Bibliothek, ein Lebensmittelgeschäft – man will den 250 Insassen hier halbwegs das Gefühl von Normalität geben. Auch das Innere der Gebäude wirkt nicht wie ein Hochsicherheitsgefängnis: Anstatt einer Cafeteria teilen sich Gruppen aus vier bis sieben Zellen eine Gemeinschaftsküche, in der die Insassen ihre eigenen Mahlzeiten zubereiten können. Die Zellen erinnern eher an Schlafsäle, die möbliert, gestrichen und mit eigenem Badezimmer, bequemem Bett und Fernseher ausgestattet sind. Hinter Gitterstäben sieht man hier niemanden sitzen.

Storstrøm ist aber abgesehen von den angenehmeren Bedingungen für die Insassen immer noch ein Hochsicherheitsgefängnis: Umgeben ist es von 20 Fuß hohen Mauern, die zudem mit Stacheldraht versehen sind; über 300 Kameras bewachen jeden Winkel des Geländes, das auf einer Insel, weitläufig isoliert von der Außenwelt, liegt.

160 Millionen Dollar hat der Bau gekostet, der von CF Møller nach einer Miniaturgesellschaft entworfen wurde. Die Idee dahinter: Man will den Gefangenen praktische und soziale Fähigkeiten vermitteln, ihnen nach ihrer Entlassung die Rückkehr in die Gesellschaft und das tägliche Leben erleichtern – der Übergang soll abgemildert und somit Rückfallquoten reduziert werden. Wenn man diese Quoten im Vergleich mit den USA betrachtet – 27 % in Dänemark vs. 49-80 % je nach Straftat in den USA – scheint an den unterschiedlichen Methoden etwas dran zu sein.

Kritiker halten die Einrichtungen für zu luxuriös, um überhaupt eine richtige Strafe für die Insassen darzustellen und argumentieren, dass die Strafjustizsysteme je nach Land sehr unterschiedlich aussehen. Die Rückfallquoten sprechen allerdings für sich: In den USA dominieren vor allem Massengefängnisse, wie die Rikers Island in New York, auf der sich zehn Gefängnisse tummeln. Es ist jedoch im Gespräch, diese Massenunterkünfte zugunsten kleinerer Gemeinschaftsinstitutionen zu ersetzen – nach dem Vorbild skandinavischer Modelle.

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Foto Credit © Torben Eskerod

Eine Antwort zu “RÜCKFALLQUOTEN VON STRAFTÄTERN DURCH ARCHITEKTUR VERRINGERN?”

  1. Bernhard sagt:

    Die unterschiedlich hohen Rückfallquoten resultieren nicht nur aus einem unterschiedlichen Strafvollzug, sondern hauptsächlich aus verschiedener Sozial – und Gesellschaftssystemme.

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