Second-Hand-Läden kennt jeder: Meist gemütliche Räumlichkeiten, wo man immer mal wieder das eine oder andere Schmuckstück entdecken – und zugleich eine nachhaltige Wirtschaft unterstützen kann, denn die Teile, die man dort findet, hatten alle schon einen Besitzer.
In Schweden ist man noch einen Schritt weitergegangen in Richtung nachhaltiges Einkaufen: In der Stadt Eskilstuna, 120 Kilometer westlich von Stockholm, gibt es ein komplettes Upcycling-Kaufhaus – das erste seiner Art weltweit. Man findet dort ausschließlich recycelte oder reparierte Waren. So werden viele noch brauchbare Einzelteile vor dem Müllcontainer gerettet.
Es ist zugleich eine Ansage an die Konsumgesellschaft, die uns beigebracht hat, man bräuchte jede neue Technologie und müsste bei den Trends der gefühlt wöchentlich wechselnden Kollektionen der Modeindustrie mitmachen. Ein solches Kaufhaus ist ein wichtiger Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft, die zugleich ein wichtiger Schritt ist, um dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen, der auch dadurch entstanden ist, dass bei der Produktion dauerhaft neu entstehender Güter eine riesige Menge Co2 ausgestoßen wird – viele davon braucht niemand wirklich. Sich immer die neusten Geräte, Kleider, Taschen, Handys anschaffen zu müssen, frisst allerdings auch den Platz ihrer Verbraucher. Die Folge: Die alten, oft einwandfreien Sachen werden einfach weggeschmissen, weil die Leute oft mehr haben, als sie überhaupt unterbringen, geschweige denn benutzen können.
Dieser umweltbelastende sowie auch den Konsumenten selbst belastende Prozess soll durch die Organisation ReTuna Återbruksgalleria schließlich durchbrochen werden – sie will den zum Wegschmeißen verurteilten Produkten einen neuen Platz schenken. Die Organisation wurde nach der Stadt Eskilstuna benannt, in der auch das Kaufhaus im Moment gebaut wird. Kunden können an einer Abgabestation Gegenstände spenden, die sie nicht mehr benötigen und andersherum selber im Kaufhaus nach neuen alten Sachen stöbern.
Zeitgleich ist auch ein Recyclingzentrum entstanden, in dem die abgegebenen Artikel überarbeitet werden können. Dazu sortieren Mitarbeiter die gespendeten Artikel, weisen sie passenden Reparaturwerkstätten zu, wo sie aufbereitet und upgecycelt, also kreativ umgewandelt, werden. Diese Artikel werden anschließend in 14 unterschiedlichen Geschäften im Kaufhaus zu finden sein: Es gibt Läden für Computer, Möbel, Kleidung, Spielzeug, Fahrräder, Garten- sowie Baubedarf. Zuvor wird sicher gestellt, dass sich die gebrauchten Gegenstände in einem sehr guten Zustand befinden.
Wer mal eine Pause vom Shoppen braucht, findet im Kaufhaus auch ein Café und ein Restaurant, um sich zu stärken und auszuruhen. Natürlich hat man sich auch dort auf die Fahne geschrieben, nur ökologisch nachhaltige Produkte anzubieten.
Auch der Bildungsaspekt kommt nicht zu kurz: Es gibt einen Raum für Konferenzen und Ausstellungen, der auch eine spezielle Schule beinhaltet, in der DIY-Recycling-Kurse angeboten werden. Wer sich selbst dazu berufen fühlt, Second-Hand-Waren professionell zu überarbeiten, der bucht einfach den einjährigen Werkstattkurs »Design, Recycle, Reuse«. DIY-Freunde, die weniger Zeit mitbringen, erlernen in einem Kurzseminar eine bestimmte Arbeitstechnik. Auch Besuchertouren, die die Arbeit hinter den Kulissen offenbaren, sind buchbar, sodass die ungewöhnliche Shopping Mall auf verschiedene Weise Einnahmen generiert und zugleich das lohnenswerte Konzept weiter verbreitet.
Zu guter Letzt konnten durch das Konzept 50 neue Arbeitsplätze in den Werkstätten sowie den Verkaufsflächen geschaffen werden. Außerdem können auch kleine Startups und ortsansässige Handwerker dort Flächen anmieten, was den Umsatz des Kaufhauses zusätzlich ankurbelt.
Das Konzept zur Abfallvermeidung ist hoffentlich ein Vorbild für viele weitere seiner Art in anderen Städten auf der ganzen Welt. Weiter so!
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Fotocredits © Retuna
Von der ersten Minute an war und bin ich noch begeistert über diese Idee. In solch einem Kaufhaus würde ich gerne arbeiten. Wenn ich solch eine Möglichkeit hätte würde ich auch so etwas hier machen. Lg