
© JKMM Architects
Das Finnische Nationalmuseum
Das bestehende Museumsgebäude gilt als bedeutendes Wahrzeichen Helsinkis und ein Beispiel für die nationalromantische Architektur Finnlands. Sein Design stammt von den finnischen Architekten Herman Gesellius, Armas Lindgren und Eliel Saarinen, die 1902 beim damaligen Gestaltungswettbewerb überzeugten. Das Museum liegt im Zentrum der finnischen Hauptstadt und ist seit 1916 für die Öffentlichkeit zugänglich. Ein Jahr vor der Unabhängigkeit Finnlands wurde das Museum, im Anschluss an die Zeit als Großherzogtums Russlands, zu einem bedeutenden Gebäude für die Entstehung eines Nationalgefühls. Der Neubau gibt mehr als 100 Jahre später den Anstoß sich über das aktuelle Verständnis von Nationalität Gedanken zu machen – so auch der Wettbewerbstitel „New National“ oder „Uusi Kansallinen“, im Finnischen. Anhand des Designwettbewerbs in 2019 ermittelten die Finnish Heritage Agency, das Finnische Nationalmuseum und der Senat gemeinsam das neue Design für die Erweiterung. Platz finden soll die Museumsergänzung im 10.400 m2 großen Museumsgarten, inklusive eines separaten Eingangs und einer unterirdischen Verbindung zum bestehenden Museumsgebäude.

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Der Gewinnerentwurf von JKMM Architects
Bei dem zweistufigen anonymen Wettbewerb für die Erweiterung in 2019 konzentrierte sich die Ausschreibung auf die Schaffung zusätzlicher Ausstellungsflächen, Werkstätten und eine Verbesserung der Zugänglichkeit inklusive neuen Eingangs sowie die Belebung des Museumsgartens durch ein Restaurant. Übergreifende Anforderungen war ein Design, das mit dem bestehenden Museumsgebäude funktioniert und gleichzeitig einem dynamischen Veranstaltungsprogramm gewachsen ist.
Anhand dieser Anforderungen entwickelte das ortsansässige Architekturbüro JKMM Architects ihr Design „Atlas“ mit dem sie die Jury überzeugen konnten. Ihr Anspruch war ein vom Bestandsgebäude unabhängiger Neubau, der den historischen Museumsgarten von Lindgren respektiert. Diese Kriterien übertrugen sie in ihr Designkonzept und entwarfen ein frei stehendes Gebäude mit pavillonartiger Struktur, die sich an anderen Gebäuden in parkähnlicher Umgebung orientiert. Der Neubau ist als eine Art Scheibe konzipiert, die über ein weißes und 1320 m2 großes Flachdach aus Beton verfügt. Das Dach 2.000 Tonnen schwere Dach ist mit Keramikfliesen verkleidet und ragt über die Gebäudefassade und erlaubt so die Unterbringung des Restaurants im Erdgeschoss und dem sonnigsten Teil des Gartens mit vom Museum unabhängiger Nutzungsmöglichkeit. Es soll als Metapher für die Welt, eine gemeinsame Erde fungieren. Die Fassade des Komplexes zeichnet sich durch eine strukturelle Verglasung aus, die in Verbindung mit der Dachkonstruktion einen natürlichen Lichteinfall ins Innere zulässt. Das natürliche Beleuchtungskonzept unterstreicht die Materialität und Dreidimensionalität der Architektur, die sich am Bestandsgebäude orientiert. Die Farbe Weiß wurde in Anlehnung an die vom Gebäudestandort sichtbare Finlandia-Halle von Alvar Aalto gewählt und hellt gleichzeitig das dunkle Straßenbild im Winter auf. Der Zugang zum Gelände des Neubaus erfolgt durch einen Bogen in der Gartenmauer an der Hauptstraße Mannerheimintie.

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Im Inneren lädt der Besuchersaal zum Aufenthalt ein und führt die Anwesenden in die neuen Räumlichkeiten. Eine Granittreppe führt in die Ausstellungsräume und fungiert gleichzeitig als Veranstaltungsfläche im Sinne eines Auditoriums.
Bei der Namensgebung des rund 5000 m2 großen „Atlas“-Komplexes ließen sich die Architekten von der Idee Geschichte und Kultur mit sich zu tragen inspirieren.*
Neuinterpretation des historischen Designs
Mit ihrem Entwurf strebten JKMM eine zeitgenössische Interpretation der eher figurativen Ansätze des Museumsdesigns von Gesellius, Lindgren und Saarinen an. Dementsprechend fußt der Entwurf vielmehr auf der Kraft des Maßstabs und der Materialität und weniger auf den arbeitsaufwendigen handwerklichen Konstruktionsmethoden und den didaktischen kunsthistorischen Bezügen, die das Design des frühen 19. Jahrhunderts beeinflussten.

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*In der griechischen Mythologie trug der Titan Atlas das Himmelsgewölbe auf seinen Schultern.
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