Im Zuge der Corona-Pandemie lässt sich vor allem in den Sommermonaten bzw. in urbanen Gebieten ein verändertes Verkehrsverhalten beobachten. Immer mehr Menschen nutzen lieber das Fahrrad und vermeiden die erhöhte Ansteckungsgefahr in öffentlichen Verkehrsmitteln. Ein vom Bundesbildungsministerium in Auftrag gegebener Mobilitätsreport kommt zu dem Schluss, dass bereits 20% der Fahrgäste auf das Fahrrad umgestiegen sind. Weil die vorhandene Radinfrastruktur oft nicht ausreicht um den neuen Präferenzen gerecht zu werden, entstehen in deutschen Großstädten immer häufiger Pop-up-Bike-Lanes, also temporäre Radwege, für die in der Regel eine Autospur wegfällt.
Grün-Rote Stadtratsmehrheit setzt sich im Mobilitätsausschuss durch
Auch in München wurden im Sommer 2020 mehrere solcher Projekte umgesetzt. Mit gelben Markierungen wurde dem Radverkehr an vier neuralgischen Stellen mehr Platz eingeräumt. Die positiven Ergebnisse der begleitenden Evaluationen, waren nun u.a ausschlaggebend dafür, dass die grün-rote Stadtratsmehrheit im Mobilitätsausschuss für eine Fortsetzung des Projekts gestimmt hat. Die Pop-up-Radwege sollen auch nicht mehr irgendwann wieder verschwinden, sondern dauerhaft bleiben. Bis zu einer langfristigen Lösung, wird aber zunächst mit neuen Weißmarkierungen eine Übergangslösung geschaffen. Wie die Radwege final gestaltet werden, wird im Laufe des Jahres entschieden.
Vier Pop-up-Radwege sollen dauerhaft bleiben
Folgende Straßenabschnitte werden eine entsprechende Weißmarkierung erhalten: die Rosenheimer Straße zwischen Orleansstraße und Rosenheimer Platz, die Theresienstraße zwischen Arcisstraße und Schleißheimer Straße, die Gabelsbergerstraße zwischen Arcisstraße und Türkenstraße sowie die Elisenstraße zwischen Lenbachplatz und Dachauer Straße. Der Verlauf der Radwege orientiert sich an den Gelbmarkierungen im vergangenen Jahr und berücksichtigt die Ergebnisse aus der Evaluation und den Rückmeldungen aus den von der Stadt organisierten Informationsveranstaltungen.
Münchens zweite Bürgermeisterin, Katrin Habenschaden (Die Grünen – Rosa Liste) ist überzeugt von den Plänen: „Ich freue mich, dass die Pop-up-Radwege wieder eingerichtet werden und dann auch dauerhaft bleiben. Das Fahrrad ist ein klimafreundliches und für alle erschwingliches Verkehrsmittel, das sich immer größerer Beliebtheit bei den Münchnerinnen und Münchnern erfreut. Wir werden deshalb die Radinfrastruktur in den nächsten Jahren ausbauen, damit das Radfahren in München sicherer und attraktiver wird.“
CSU und FDP stimmen gegen die Pläne
Deutliche Kritik kommt hingegen von der CSU-Stadtratsfrakion, die neben der FDP gegen den Antrag gestimmt hat. In einer Pressemitteilung erklärt die Fraktion, dass es sich bei den geplanten Strecken nicht um baulich gesicherte Radwege handelt, sondern um übergangsweise Markierungen zulasten von Fahrspuren und Parkplätzen. Nach eigener Prüfung ist die CSU zu dem Schluss gekommen, dass einzig der Radweg an der Elisenstraße eine sinnvolle Maßnahme ist – allerdings nur, wenn dafür in diesem wichtigen Verkehrsbereich keine Autofahrspur entfällt. Die übrigen Planungen lehnt die CSU ab. Manuel Pretzl, Fraktionsvorsitzender der CSU-Stadtratsfraktion „Eine fundierte Auswertung der Pop-up-Bike-Lanes hat es nie gegeben. Die Grünen haben ihrem Klientel von Anfang an versprochen, dass die provisorischen Radwege wieder aufgebaut werden – egal, welche Gründe dagegen sprechen. Ungeachtet eines Stadtratsbeschlusses für eine fundierte Auswertung wird jetzt erneut eine Übergangslösung durchgedrückt, die zulasten von MVG-Bussen, Anwohnern und Gewerbe geht. Verdrängungseffekte des Verkehrs auf andere Straßen wurden nicht untersucht. Die Kosten sind nicht mal benannt. Die Stadt muss überall sparen – nur bei ideologischen Wunsch-Projekten spielt die Finanzlage trotz Corona keine Rolle. Das ist unverantwortlich.“
ADFC sieht weiteren Handlungsbedarf
Der ADFC München reagierte erwartungsgemäß sehr erfreut auf den Beschluss, aber sieht weiterhin einen großen Handlungsbedarf: „Wir freuen uns sehr, dass die Pop-up-Radwege mit dauerhaften weißen Markierungen zurückkommen. Das kann aber nur ein erster Schritt und nur eine Übergangslösung sein, um dort die Sicherheit der Radfahrenden möglichst schnell zu verbessern! Farbe ist aber keine Infrastruktur. Die Radfahrenden brauchen dringend lückenlose und vor allem sichere und geschützte Radwege in der ganzen Stadt. Die gestern veröffentlichten Ergebnisse des ADFC-Fahrradklima-Tests haben gezeigt, dass die Radfahrenden die Nase voll haben von fehlenden, zu schmalen oder zugeparkten Radwegen. Viele fühlen sich nicht sicher, sie machen auf dem Rad oft frustrierende Erfahrungen und erleben vielerorts gefährliche Situationen. Die Stadtspitze muss den Radentscheid jetzt endlich umsetzen – und zwar zügig und umfassend.“, erklärt Andreas Schön, 1 Vorsitzender des Vereins.
Bereits im April soll es mit der Umsetzung losgehen, zuvor muss am 24. März die Vollversammlung des Münchner Stadtrats dem Projekt aber noch zustimmen.
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Foto: Supaplex (CC BY-SA 4.0)
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