
© Sven Bock
Als 1897 eines der weltweit ersten Drehstrom-Kraftwerke in Berlin an der Spree eröffnete, gewann Oberschöneweide einen Raum der Faszination. Entworfen von den Architekten Paul Tropp und Franz Heinrich Schwechten, stand es damals für den Inbegriff der Innovation. Schon bald illuminierte das Elektrizitätswerk nicht nur ganz Berlin, sondern zog mit seiner Strahlkraft neugierige Besucher:innen magisch an. Menschen aus aller Welt besuchten die sogenannte Elektropolis, um einen Blick in die Zukunft zu werfen und gleichzeitig einen Hauch des Zaubers aufzunehmen.

© Sven Bock
Als der Berliner Künstler Ralf Schmerberg den mittlerweile vergessenen Ort das erste Mal betrat, ergriff ihn dieselbe Faszination. Wie die Menschen zuvor, sah auch er die Zukunft in dem einzigartigen Gebäudekomplex und fühlte sich in der Verantwortung, den Ort nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Stattdessen wollte er ihn mit neuem Leben füllen und das inspirierende Charisma der Halle in einen neuen Prozess umlenken. Mit der gleichen Energie und der innovativen Ambition des 19. Jahrhunderts griff er den heutigen Zeitgeist auf und stellte ein Team aus Künstler:innen, Kreativen und Macher:innen zusammen. Das Ziel: aus dem Konglomerat ihrer Stärken die magische Geschichte des Ortes aufleben zu lassen und ihr ein ganz eigenes Kapitel hinzuzufügen. Gemeinsam entwickelten alle Beteiligten ein Nutzungskonzept, das die 9.000 m² des charmanten Altbaus künftig im Sinne der Nachhaltigkeit reaktivieren wird.

© Andreas Rossmann
Die Projekt-Vision trägt den Namen MaHalla und strebt einer lebendigen Kulturentwicklung entgegen. Die fünf Bereiche zeitgenössische Kunst, innovative Musik, spirituelle Erfahrung, humane Wissenschaft und soziale Gesellschaft bilden die Metaebene für das einzigartige Projekt. Ein eigenständiges soziales Netzwerk fungiert als standhaftes Fundament für den Raum der Freiheit und Kreativität. Auch dank internationaler Impulse sollen sich künftig lebhafte Synergien ergeben, die einander inspirieren. Das Ziel ist es, nicht „nur“ Kulturstätte im Sinne eines Ortes zu sein, sondern Kultur darüber hinaus auch aktiv und nachhaltig zu produzieren. MaHalla schafft physischen und mentalen Raum für die Freigeister dieser Zeit, die den Mut und die Kraft haben, den globalen Wandel mitzugestalten. Als kultureller Pol möchte MaHalla nicht nur Schaffenszwecken dienen, sondern allen Mitwirkenden ein echtes Zuhause sein, in dem man in Gemeinschaft lebt, kreativ sein und essen kann. Eine auf bewusstes Essen spezialisierte Kantine wird für die alltägliche Verpflegung sorgen, ein Café wird zum sozialen Treffpunkt für die Bewohner:innen und Besucher:innen des Ortes. Eine Bar bietet Platz für kleinere Veranstaltungen und vollendet somit das ganz eigene Kulturuniversum.

© Sven Bock
Dieses einzigartige Universum wird auch der Öffentlichkeit nicht vorenthalten bleiben. Die Strahlkraft, die MaHalla im Inneren antreibt, soll künftig auch nach außen wirken. Im Leitprinzip, das Kunst als ein essenzielles gesellschaftliches Gut definiert, liegt die Zugänglichkeit für ein Publikum begründet, das ein vielfältiges Programm in Form von Ausstellungen, Konzerten, Inszenierungen, Messen, Workshops, Filmvorführungen, Festivals und Lesungen erwarten darf. In MaHalla wird der Zeitgeist zugleich gelebt und erlebt. Das Erfahren als Realität und Identität bietet Anlass für einen inspirierenden Austausch zwischen Mitwirkenden und Besucher:innen.

© Ralf Schmerberg
2020 wurde MaHalla als GmbH gegründet, woraufhin im Herbst der Umbau des Gebäudes begann. In Form einiger Kunstprojekte beginnt bereits jetzt die Aneignung des Ortes und die Umsetzung der Vision. Und so bilden nun historische Faszination und schöpferische Ambition des einstigen Elektrizitätswerks den Antrieb für den Geist der Gegenwart.
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