
© raumlaborberlin
Als Interessengemeinschaft haben sich raumlaborberlin gemeinsamen Zielen und Inhalten aus Architektur und Urbanität verschrieben: Ihre Interventionen im öffentlichen Raum denken Stadtgestaltung visionär und neu, indem sie alte Muster brechen und Partizipation sowie Diskurse rund um gesellschaftliche Transformationsprozesse anstoßen. Die Vision: Ängste überwinden und mutig zu neuen Ufern segeln. „In unseren städtischen Räumen wimmelt es von alten wie neuen ungelösten Problemen. Viele davon betreffen uns, aber nur selten fühlen wir uns befähigt oder verantwortlich zu handeln“, so Benjamin Foerster-Baldenius, darstellender Architekt bei raumlaborberlin. Interventionen bieten daher ein großes Potenzial: „Sie können uns ein Gefühl von Handlungsfähigkeit zurückgeben und Schieflagen beheben.“
Mit genau dieser Intention luden die Soft Democracies vom 1. bis zum 9. Juli 2022 im Park nicht nur zum aktiven Bauen und Mitmachen ein, sondern rückten durch die inhaltliche Ausrichtung ebenso den Fokus auf den gemeinsamen Diskurs. „Rund um die Olympischen Spiele 1972 in München wollte Deutschland primär wiedergewonnene Demokratie und Weltoffenheit ausstrahlen; transparente und inklusive Architektur zeigen. Doch letztlich offenbarte sich dort mit dem Attentat auf das israelische Team und dem anschließenden Umgang damit exakt Gegenteiliges: Verletzlichkeit“, so Benjamin Foerster-Baldenius zum Kontext. Demokratischen Strukturen wohnt das Dogma der Fragilität inne, dies ist auch in heutigen Zeiten mitsamt Unruhen im politischen Geschehen und der demokratischen Landschaft wahrnehmbar.
Benjamin Foerster-Baldenius bekräftigt: „Mit Soft Democracies wollen wir gegensteuern und uns zurück auf das Herz der Demokratie besinnen: Man darf intervenieren, kritisieren, verschiedener Meinung sein – und trotzdem dazugehören!“

© Matthias Kestel für raumlaborberlin
Diesem Duktus folgend manifestieren sich Soft Democracies mit einem umfassenden Event-Programm im Olympiapark. Während in der Werft täglich aus Seilen, Stoffen und aufblasbaren Elementen gemeinsam neue Strukturen und Konstruktionen geknüpft wurden, starteten im Team Landgang Expeditionen mit dem Ziel, im umliegenden Stadtraum zu intervenieren.
Parallel dazu fanden in Kooperation mit verschiedensten Künstler:innen weitere Aktivitäten, Experimente und Workshops statt: Zum Auftakt des olympischen Festivals zogen Menschen, Gruppen und Vereine aus München als Teil einer großen Parade gemeinsam vom Kunstareal durch die Stadt bis in den Olympiapark und ließen dort gemeinsam die ersten gebauten Objekte zu Wasser; im Zuge eines Comicworkshops gebaute Luftkissen-Konstruktionen bildeten die Kulisse für eine Fashion-Show; in der Klangwerkstatt konnten die Besucher:innen demokratische Strukturen musikalisch konstruieren und erleben; beim sogenannten Stapellauf wurden anhand der gemeinsam gebauten Konstruktionen verschiedene Massen und Bewegungen näher studiert und Choreografien entwickelt; ein Bauworkshop für Konstruktionen richtete sich gezielt an Jugendliche und Kinder, um ihnen im politischen System Gehör zu verschaffen, uvm.
Zu den Highlights zählte auch das Konzert von Guns N’ Roses, bei dem tausende Menschen auf dem Olympiaberg saßen, der Musik lauschten und gleichsam bei der Konstruktion demokratischer Strukturen zuschauten.

© Matthias Kestel für raumlaborberlin
All diese Event-Facetten konnten aufzeigen, wie mit gesellschaftlichen Ängsten des Nicht-gehört-Werdens oder der Unsichtbarkeit umgegangen werden kann. Etwas, das zunächst ein reines Gedankengerüst war, präsentierte sich hier als gestalterische Struktur im öffentlichen Raum. Kurzum kann Demokratie sich auf diese Weise in etwas Greifbares, Sichtbares und sogar Erlebbares verwandeln.
Ganz in diesem Sinne wünschen sich raumlaborberlin auch für die Zukunft Optimismus und Mut in der Stadtgestaltung, betont Architekt Benjamin Foerster-Baldenius: „Wir brauchen mehr Freiräume für immer mehr Beteiligung bei der Ausgestaltung und Organisation des öffentlichen Raums – so, wie es bei den Soft Democracies gelungen ist. Dafür braucht es eine Offenheit der Verwaltung, Finanzierungsmöglichkeiten für Initiativen aller Art und darüber hinaus künstlerische Experimentierenergie. Wir nennen das Urbane Praxis! Diese kann uns helfen, gemeinsam durch den Ozean der Probleme und Schieflagen im Stadtraum zu navigieren.“

© Matthias Kestel für raumlaborberlin

© Matthias Kestel für raumlaborberlin
OPEN CALL – SYMBIOSEN // 2023, WUPPERTAL
Vom 09. bis zum 20. September 2023 findet in Wuppertal die nächste „Urbane Praxis“ von raumlaborberlin statt: Interessierte junge Menschen, Künstler:innen, Architekt:innen und Stadtmacher:innen sind eingeladen, vor dem Schauspielhaus einen Holzpavillon aus gebrauchten Möbeln zu bauen. Freiwillige, die sich am Bauprozess beteiligen und die Installation mitgestalten möchten, können sich bis zum 27. August 2023 bewerben – es ist keine Erfahrung erforderlich, sondern nur Begeisterung mitzubringen!
Alle Infos zum Mitmachen und Programm gibt’s hier.
Übrigens wurde auch erst kürzlich der Wettbewerb zum neuen Pina Bausch Zentrum in Wuppertal entschieden – lest mehr dazu in unserem Beitrag.
Schreibe einen Kommentar