WIE EIN HISTORISCHES VIERTEL ZUM KRAFTFELD WIRD

HISTORIE

Der Standort befindet sich in der Nähe von Nanluoguxiang, einem der umstrittensten Erneuerungsviertel Pekings, das so hergestellt und aufbereitet wurde, dass es einem nostalgischen Hüttenlebensstil ähnelt. Der Standort liegt am Ufer eines historischen Flusses, der mit dem kaiserlichen Graben verbunden ist. Durch unvorsichtige Planung ist der Fluss jedoch vor über einem Jahrhundert ausgetrocknet. Heute ist nur noch das strukturelle Mauerwerk des Damms aus den Ming und Qing Dynastien erhalten. Die Klienten der daipu architects sicherten sich die Verfügungsrechte der Regierung mit dem Ziel, den Standort in einen lebendigen öffentlichen Raum zu verwandeln. In die Innenhöfe sollten neue Einrichtungen wie ein Café, ein erneuertes Museum und eine Buchhandlung integriert werden.

PLANUNG

Das bestehende Gebäude war denkmalgeschützt, weswegen die ursprünglichen Fassaden, Holzbauwerke und Mauerwerke überhaupt nicht berührt wurden. Die ursprünglichen Höfe befinden sich zentral in der alten Stadt Peking, die durch ihre starre und hierarchische Raumstruktur eingeschränkt ist und ihren Zweck als öffentliche Institution nie wirklich erfüllt hat. Die Auswirkungen der historischen Ruinen des Yu-Flusses neben den Innenhöfen waren nie ganz geklärt. Tatsächlich gibt es in Peking viele große Museumshöfe, die aus bürokratischen Gründen nicht vollständig für die Öffentlichkeit zugänglich sind.

In den Augen der Architekten ist die Stadterneuerung kein rein ästhetisches Thema. Was es braucht, sei die Erneuerung räumlicher Beziehungen, um neue Nutzungen zu fördern. Das Projekt stand vor Hindernissen durch konträre Parteien und komplizierte  Bürokratien, die wiederum mühsame Einschränkungen des Designs zur Folge hatten.

TEMPORÄRE INTERVENTION

Die Architekten hüllten die Innenhöfe mit einer transparenten, unsichtbaren, mantelähnlichen Glashaut ein und verbanden sie dadurch optisch. Diese Glasummantelung bewahrt das Gebäude in seinem ursprünglichen Zustand. Mit nur einer behördlichen Anordnung kann der Glasmantel spurlos entfernt werden, so dass der Innenhof wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückkehrt. Zwischen den einst getrennten Innenhöfen entsteht ein Kraftfeld. Der Magnetismus des Kraftfeldes erzeugt eine schwingende Fluktuation der Umgebung des gesamten Standortes und zieht Energien aus dem Fluss nach innen. Eine unsichtbare und ätherische Kraft destabilisiert den räumlichen und visuellen Fluss über den gesamten Standort.

SCHEINBARE TRANSPARENZ

Auf den ersten Blick wirken Vorder- und Hinterhof wie in völliger Öffnung zueinander. Unter der Reflexion und Brechung des Lichts an den Falten und der Wellenbildung der Glasmantelfassade werden die Bilder jedoch verschwommen und mehrdeutig. Die Realität wird verändert, die scheinbare Transparenz des Glases untergraben, die Wahrnehmung eines poetischen Raumes ist nur illusorisch.

DIE RAUMWIRKUNG DES KRAFTFELDS

Die brutalen Winter des chinesischen Nordens prägten das traditionelle Eingangsfoyer in nordchinesischen Residenzen. Die konkave Schale auf der Achse des Kraftfeldes ist an der Glasmantelfassade verräumlicht und bildet einen feierlichen Eingang sowie ein traditionsgemäßes Foyer. Im Inneren des Hauptgebäudes teilen zwei massive optische Glasinstrumente den Raum in einen Empfangsbereich und einen Lesebereich. Ausgehend von den zwei Linsen präsentiert sich eine uralte Lebensweise, die eng mit der Architektur des Hofhauses verbunden ist: ein Bild, das weder der Vergangenheit noch der Zukunft angehört, ein Simulakrum, das weder der Realität noch der Fantasie entspricht.

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© daipu architects

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