
© Archi-Tectonics
In Hangzhou werden bald zwei Stadien im Hangzhou Asian Games Park fertiggestellt, die aus der Feder des New Yorker Architekturbüros Archi-Tectonics stammen. Dadurch nähert sich auch der gesamte Komplex mit einer Größe von 116 Hektar, ebenfalls von Archi-Tectonics entworfen, der Fertigstellung. Das Büro entwickelte den Masterplan und die Entwürfe in Kooperation mit !Melk Landscape Design und Thornton Tomasetti Engineers. Die Bauarbeiten sollen im Jahr 2021 abgeschlossen sein.

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Es handelt sich bei den neuen Stadien um ein Tischtennis- sowie ein Feldhockeystadion, die jeweils 5.000 Zuschauer:innen Platz bieten. Sie werden den kilometerlangen Park umrahmen und zu den Austragungsorten der Wettkämpfe der Asienspiele 2022 zählen – sie sind nach den Olympischen Spielen der größte Multisportwettbewerb weltweit.
Fokus der Entwürfe: Sicherstellung der Nachnutzung des Parks

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Eine wichtige hinter dem Masterplan stehende Idee ist es, die Stadien und den Park zu erhalten. Sie sollen zu einem einzigartigen öffentlichen Freizeitkomplex der Stadt werden. Dazu hat das Architekturbüro verschiedene Optionen für die öffentliche Nutzung durchgespielt. Die Planer wollten unbedingt sicherstellen, dass der Komplex auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten ein aktiver Begegnungsort des urbanen Lebens bleibt. Beispielsweise ist das Tischtennisstadion mit einem hybriden Sitzsystem ausgestattet, das eine Stadion- und Amphitheater-Bestuhlung kombiniert. Somit können dort neben Sportveranstaltungen auch Konzerte oder andere Aufführungen stattfinden. Das Feldhockeystadion hingegen kann so umgenutzt werden, dass sich dort auch Platz für Nachtmärkte und Open-Air-Veranstaltungen findet.

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Insgesamt bildet das 365.000 m² umfassende Tischtennisstadion das architektonische Herzstück der neuen Entwicklung. Optisch ist es inspiriert durch den Cong, einen alten chinesischen Jadestein aus der Region Hangzhous. Seine Form lässt sich als quadratische Röhre mit einer kreisförmigen Bohrung beschreiben. Archi-Tectonics wählte diese Form, um eine effiziente Umwandlung des Stadions in einen Veranstaltungsort zu ermöglichen. Der finale Entwurf sieht eine mit Bambus verkleidete Schale vor, die genau das möglich macht. Das Gebäude umfasst ebenfalls weitere Flächen für Restaurants, VIP-Lounges und Einzelhandelsbereiche, die eine dynamische Umgebung erschaffen. Eine lichtdurchflutete Lobby umwickelt das gesamte Gebäude und regelt die Zuschauerströme.

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Das Stadion verfügt über eine sogenannte geschwungene Diagrid-Fassade. Diagrid ist ein innovativer Ansatz, der die Seiten- und Schwerkrafttragfähigkeit des Gebäudes in einem einzigen diagonalen Rastersystem kombiniert. Somit werden keine zusätzlichen Säulen benötigt.
Flügeldach orientiert an traditionellem Sonnenschirm

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Das Feldhockeystadion auf der gegenüberliegenden Seite ist durch sein lichtdurchlässiges Flügeldach charakterisiert. Auch hier orientierten sich die Architekten in der Struktur und Materialität an einem Gegenstand: Dem traditionellen Sonnenschirm aus Ölpapier und Bambus. Wie ein Sonnenschirm versorgt das Dach die Tribünen, das Spielfeld und den Eingangsbereich mit Schatten und stellt gleichzeitig ein skulpturales Element des Parks dar. Eine ovale Rasenfläche dient einerseits als Spielfeld, andererseits aber auch als Landschaftselement und kann somit leicht zu einem Veranstaltungsort im Freien umfunktioniert werden. Eine geschwungene Glasfassade umschließt dort die Lobby, was zu einem eindrucksvollen Wechselspiel aus Licht und Schatten führt. Traditionelle Oberflächen wie mit Bambus verkleidete Innenwände ergänzen diese modernen Elemente, wodurch eine einladende Atmosphäre entsteht.

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Der Entwurf berücksichtigt auch die Infrastruktur für die Nachnutzung, um den Komplex nach dem Ende der Spiele nahtlos umwandeln zu können. Der öffentliche Nahverkehr soll das hauptsächlich genutzte Verkehrsmittel sein, um den Park zu erreichen. Unterhalb des Parks befindet sich aber auch ein 645.000 m2 umfassender Parkplatz, der vor allem bei Großveranstaltungen, für Einkäufe in der nahegelegenen Mall, Spaziergänge und Freizeitaktivitäten in der Nähe genutzt werden kann.
„Ohne einen Plan für die Zukunft laufen Projekte wie dieses Gefahr, ungenutzt, teuer im Unterhalt und störend für das Gefüge einer Stadt zu werden. Wir haben den Asian Games Park mit Blick auf die Zukunft von Hangzhou geplant und ihn so gestaltet, dass er ein fester Bestandteil des täglichen Lebens in der Nachbarschaft wird, das weitere Wachstum der Stadt unterstützt und für eine nachhaltigere und widerstandsfähigere Stadt sorgt.“
– Winka Dubbeldam, Founding Principal von Archi-Tectonics
Komplex soll „Öko-Dorf“ werden

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Neben der nachhaltigen Nachnutzung der Stadien wird auch sonst großer Wert auf eine gute Energiebilanz des Komplexes gelegt. Beispielsweise treiben spezielle Solarflügel ein System zur Außenbeleuchtung des Parks an, sodass dieser auch nachts sicher und bequem begeh- sowie nutzbar ist.
Außerdem folgt das gesamte Konzept von Archi-Tectonics dem Gedanken eines „Öko-Dorfs“. In einem belebten Hochhausviertel gelegen, soll der Komplex soziale Landschaften, Gemeinschaftsbauten und Landformen wie Naturschutzgebiete miteinander vereinen. Da das Ziel eine enge Integration des Komplexes in das bestehende Stadtgefüge ist, fungiert das Öko-Dorf quasi als urbaner Schwamm: Es ist eine grüne Lunge, die Regenwasser sammelt, filtert und anschließend wiederverwendet.

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Die Stadien sollen sich an beiden Enden des weitläufigen, linearen Geländes befinden. Sie werden außerdem mit einer tiefer liegenden Promenade verbunden, die unter einer bestehenden Straße verläuft. Hier befinden sich zahlreiche Restaurants und Cafés, Geschäfte sowie Aufenthaltsbereiche im Freien, die das soziale Herzstück des Areals bilden. Der umliegende Park wird zu einer Landschaft aus kleinen Feuchtgebieten und sanften Hügeln. Letztere fungieren teils als Naturschutzgebiete und tragen zu einer erhöhten Artenvielfalt bei.

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