BRAUNSCHWEIG: GRÜNE ZÜGE

Blick über den Kiezpark auf die H_LLE © prasch buken partner architekten

Die BAHNSTADT bietet ideale Voraussetzungen für die Innenentwicklung Braunschweigs: Auf rund 300 Hektar finden sich zahlreiche untergenutzte und zum Teil brachgefallene Gewerbeflächen in zentraler Lage. Die BAHNSTADT ist damit ein Schlüsselprojekt des 2018 beschlossenen integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK) unter dem Leitziel „Die Stadt kompakt weiterbauen“. Knapp 30 Prozent der Fläche liegen im Fördergebiet BAHNSTADT – Wachstum und nachhaltige Erneuerung, darunter auch das Gebiet des künftigen Urbanen Quartiers am Hauptgüterbahnhof. Für die städtebaulich-freiraumplanerische Gestaltung des Quartiers lobte die Stadt Braunschweig im vergangenen Jahr einen offenen Realisierungswettbewerb aus, den im März 2023 das Hamburger Planungsteam von prasch buken partner architekten und GHP Landschaftsarchitekten gewann.

In fußläufiger Entfernung zum Braunschweiger Hauptbahnhof gelegen, soll das Wettbewerbsgebiet Initiator und Impulsgeber für die weiteren Entwicklungen in der BAHNSTADT sein. Auf rund 21 Hektar Fläche ist hier ein gemischtes Quartier mit Wohnen und Arbeiten sowie Kunst und Kultur als Ergänzung zu den westlich und östlich angrenzenden Wohngebieten geplant. Im Norden schließt der weitläufige Grünraum des Hauptfriedhofs an das Areal an, während im Süden die Gleisharfe des namensgebenden Hauptgüterbahnhofs die Fläche begrenzt.

© prasch buken partner architekten

Der Entwurf des Hamburger Planungsteams zeichnet sich nach der Beurteilung der Jury unter dem Vorsitz von Prof. Christa Reicher „durch sein klares städtebauliches Grundgerüst“ aus. Der Entwurf entwickelt aus der bestehenden Gleisharfe des angrenzenden Güterbahnhofs drei gliedernde Grünzüge, die das Areal mit dem nördlichen Grünraum des Hauptfriedhofs verbinden, den derzeitigen Baumbestand größtenteils erhalten und jeweils wesentliche Freiraumfunktionen übernehmen. Dazwischen spannen sich Quartiere auf, die unterschiedliche programmatische Schwerpunkte und städtebauliche Strukturen aufweisen.

Entlang des südlichen Grünzugs, dem sogenannten Gleispark, bieten die linear angeordneten Baukörper als „Experimentierband und Produktivachse“ Raum für Innovation und Kreativität; hier können neue Gewerbe- und Wohnformen ausprobiert werden. Gleichzeitig dienen die südlichen Gebäuderiegel als Lärmschutz für die neu entstehenden Wohnquartiere gegenüber der Gleisanlage.

Quartierplatz und Aktivband mit der H_LLE im Zentrum © prasch buken partner architekten

Im Zentrum des Areals und des Entwurfs steht die H_LLE, eine ehemalige Holzlagerhalle in Privatbesitz, die schon seit einigen Jahren zu einem Kultur- und Kreativort entwickelt wird. Sie bildet neben dem geplanten Schulneubau einen Baustein im mittleren der drei geplanten Grünzüge, dem „Aktivband“. Dieses hält mit dem Kiezpark großzügige Flächen für Sport und Freizeit bereit.

Den Übergang zur nordwestlichen Bestandsbebauung entwerfen die Planer:innen als parkartiges „Garten- und Spielband“, das zwischen der Bestandsbebauung und den neuen Wohnhöfen, die als aufgelockerte Blockrandbebauung ausformuliert sind, vermittelt. Eine Abfolge von Quartiersplätzen ergänzen die privaten Innenhöfe um vielfältige öffentliche Räume. Die Entwicklung des nordöstlichen Teilbereichs, der durch die bestehende Straße „Am Hauptgüterbahnhof“ räumlich vom restlichen Wettbewerbsgebiet getrennt ist, schlagen die Verfasser:innen als mögliche Erweiterung in einem späteren Schritt vor. Als Adressbildung empfehlen die Entwerfer:innen einen städtebaulichen Hochpunkt, der den Eingang zum Areal markiert.

Detailausschnitt Quartierseingang und Quartiersplatz © prasch buken partner architekten

Das Urbane Quartier am Hauptgüterbahnhof soll künftig weitgehend autofrei gehalten werden – so wird es in erster Linie über die Bestandsstraße sowie über eine zusätzliche, entlang des südlichen Gewerberiegels vorgeschlagene Straße erschlossen. Mobility Hubs an den Quartierseingängen sowie eine Anbindung des Areals an übergeordnete städtische Radverkehrswege sollen die künftigen Bewohner:innen dazu animieren, auf das eigene Auto zu verzichten.

Anklang findet bei der Jury neben dem grundlegenden städtebaulichen Konzept auch die Anordnung der Nutzungsstrukturen sowie der innovative Umgang mit den Bestandsgebäuden, die zum Teil in die Neuplanung integriert werden. Kritisch werden hingegen die zu geringe Differenzierung zwischen privaten und öffentlichen Räumen sowie eine fehlende zentrale Mitte angemerkt. Die schrittweise umsetzbare Realisierung der einzelnen Quartiere wird wiederum lobend hervorgehoben. Insgesamt gelingt den Verfasser:innen ein in Struktur und geplanter Nutzungsmischung überzeugender Entwurf, der an Bestehendes anknüpft und Neues weiterentwickelt.

Entwicklungsabfolge Experimentierband © prasch buken partner architekten

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Art des Wettbewerbs: offener, einphasiger, anonymer städtebaulich-freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb für Stadtplaner:innen/Architekt:innen mit Landschaftsplaner:innen
Auslober:in: Stadt Braunschweig
Juryvorsitz: Prof. Christa Reicher, Aachen

Prämierungen
1. Preis: prasch buken partner architekten partG mbB, Hamburg mit GHP Landschaftsarchitekten, Hamburg
2. Preis: holger meyer gmbh, Frankfurt a.M. mit Lützow7 Landschaftsarchitekten, Berlin
3. Preis: Studio Wessendorf, Berlin mit Atelier Loidl Landschaftsarchitekten, Berlin
Anerkennung: André Poitiers Architekten, Hamburg mit arbos Freiraumplanung, Hamburg
Anerkennung: Yellow Z, Berlin mit Holzwarth Landschaftsarchitektur, Berlin

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