RIO DE JANEIRO: UNESCO ZEICHNET ERSTE WELTHAUPTSTADT DER ARCHITEKTUR AUS

Diese Auszeichnung hat bislang noch nie eine Stadt verliehen bekommen. 2020 ist es nun soweit: Die UNESCO kürt die brasilianische Stadt Rio de Janeiro zur Welthauptstadt der Architektur – die erste Metropole überhaupt, die diesen Titel erhält.

Es ist eine neue Initiative der UNESCO, die sie gemeinsam mit der International Union of Architects (UIA) ins Leben gerufen hat. Die UIA ist eine Nichtregierungsorganisation, die die Gemeinschaft der Architekten weltweit vertritt.

Ziel der neuen Auszeichnung ist es, ein Umfeld für ein internationales Forum zu schaffen, in dem Lösungen für Fragen im Zusammenhang mit Kultur(erbe), Stadtplanung und Architektur diskutiert werden können. Die Initiative will lokalen Regierungen, Medien und Gemeinden die Möglichkeit zu geben, an den großen Herausforderungen der heutigen Stadt wie Urbanisierung, Klimawandel und Erhalt des architektonischen Erbes zu arbeiten. Man will neue Synergien der bestehenden Verbindung zwischen Kultur und Architektur in einer zunehmend urbanen Welt schaffen, sich besser vernetzen, um immer innovativere Ideen für die weltweite Stadtentwicklung zu generieren.

Denn Städte sind laut Ernesto Ottone R, UNESCO-Generalsekretär für Kultur, heutzutage mehr als jemals zuvor die entscheidenden Drehscheiben für Ideen, Handel, Kultur, Wissenschaft und soziale Entwicklung. Ihm ist es wichtig, dass Städte auch als offene und kreative Räume für Austausch sowie Erfindungsgeist wahrgenommen werden. Sie möchten unterstreichen, dass Architekten sowohl mit Hilfe der lokalen Regierungen, als natürlich auch mit Gemeinden und Bürgern eine Schlüsselrolle bei der Suche nach Lösungen spielen können, die allen Beteiligten, allen voran den Bewohnern, zugute kommen können. Es soll auch die Beziehung zwischen UNESCO und UIA stärken, dessen Partnerschaft bis in die 50er Jahre zurückreicht.

Bei dieser ersten Verleihung in Rio werden sich die beiden Institutionen mit Architekten, Stadtplanern, politischen Entscheidungsträgern, Künstlern und Schriftstellern an einen Tisch setzen, um gemeinsam Veranstaltungen für den angestrebten Ideenaustausch zu planen und umzusetzen.

Warum ausgerechnet Rio auserkoren wurde? Es ist laut Ottone R eine Welthauptstadt der Architektur, die nicht nur durch ihre enorme Bandbreite, sondern auch durch die Qualität ihrer Bauten und Aktivitäten in den Bereichen Architektur und Kultur in der nachhaltigen Stadtentwicklung heraussticht.

Die über sechs Millionen Einwohner leben hier, positiv ausgedrückt, in Vierteln mit extremer wirtschaftlicher Vielfalt. Entlang den Stränden und hohen Berge befinden sich ganz unterschiedliche Wohnviertel: Berüchtigt neben vielen herausragenden Bauten ist Rio auch für seine vielen Favelas, die zu den größten, ärmsten und gefährlichsten Südamerikas zählen. Die Ungleichheit zwischen Arm und Reich wird durch die zahlreichen luxuriösen Häuser am Meer hervorgehoben, die im deutlichen Kontrast zu den armen Favelas stehen. Noch stärker ist diese Ungleichheit während der Olympischen und Paralympischen Spiele 2016 in Erscheinung getreten, als große Architektur- und Infrastrukturprojekte direkt neben heruntergekommenen Vierteln realisiert wurden.

Teile der Metropole wurden aufgrund der schwierigen geografischen Bedingungen schon 2012 zum Weltkulturerbe erklärt, unter anderem der Botanische Garten, der Corcovado-Berg mit der berühmten Cristo Redentor-Statue und die Hügel rund um die Guanabara-Bucht. Auch auf kultureller Seite hat Rio einiges zu bieten: Die Biblioteca Nacional, das Nationalmuseum der Schönen Künste sowie das kürzlich fertiggestellte Museum of Tomorrow von Santiago Calatrava. Auch ein reiches modernistisches Erbe ist in der Stadt zu finden, gekrönt durch die Arbeiten des spätbrasilianischen Architekten Oscar Niemeyer, wie das Hotel Nacional, das erst 2017 saniert und neu eröffnet wurde.

Der Titel „Welthauptstadt der Architektur“ wird von 2020 an alle drei Jahre zur UIA-Weltkongressveranstaltung vergeben, die auch immer von der jeweils ausgewählten Stadt ausgerichtet wird. Jedes Forum wird sich um ein anderes Thema drehen. In Rio lautet das Thema „All the worlds. Just one world.“ Es bezieht sich auf das elfte Ziel, das in der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung festgelegt wurde – es beinhaltet, Städte inklusiv, sicher, belastbar und nachhaltig zu gestalten. Die Verbindung zwischen Architektur und Kultur ist dafür unerlässlich.

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Fotocredits © Dezeen

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