
© wpd AG
Die WPD ist einer der europaweit führenden Entwickler und Betreiber von Windparks. Wieso haben Sie sich als Unternehmen, das nicht primär als Bauprojektentwickler agiert, mit dem ehemaligen Kellogg Gelände eine 15ha Fläche in einer der TOP-Lagen Bremens gesichert?
Wir haben bereits vor acht Jahren auf dem Kellogg-Gelände eine Fläche erworben und dorthin unseren Firmensitz gelegt. Über ein seinerzeit vereinbartes Vorkaufsrecht haben wir das Gesamtgelände erworben. Unser Ziel ist es, ein attraktives und ganzheitlich gedachtes Projekt zu realisieren, innerhalb dessen unterschiedliche Sektoren miteinander gekoppelt werden. Wir fragen uns zum Beispiel, wie wir Windstrom für das Quartier nutzen können: Wie kann er für zum Heizen oder Autofahren genutzt werden? Fest steht, dass sich künftig Alles um die Frage drehen wird, wie wir die Energieversorgung in Städten gewährleisten können.
Also realisiert die wpd AG sozusagen ein Vorzeigeprojekt, mit dem sie sich erstmalig auch als Immobilienprojektentwickler ausprobiert?
Ich würde es anders sagen. Über eine Schwestergesellschaft realisieren wir ein Projekt, in dem wir im Hinblick auf die Energieversorgung aufzeigen, wie zukünftig Wärme, Verkehr und Strom sich erneuerbar ergänzen können.
Wird die Energieversorgung des Quartiers vollständig über Windenergie erfolgen?
Für die Bereiche Mobilität und Heizung erwarten wir, dass wir 80 – 85% der Energie aus Windkraftanlagen bereitstellen können. Damit sind unsere Windkraftanlagen allerdings auch schon sehr gut ausgelastet.

© Delugan Meissl Associated Architects (DMAA)
Im Kontext des Themas ‘Mobilität‘ kursieren Gerüchte, das gesamte Quartier autofrei gestalten zu wollen. Können Sie dies bestätigen?
In dem Quartier wird Autofahren nicht möglich sein. Dadurch wird es lebendiger, sicherer und gesünder. Aber jeder Bewohner kann ein Auto nutzen. Es wird ausreichend zentrale Parkplätze in Parkhäusern geben. Darüber hinaus stellen wir für die aufkommende E-Mobilität Ladesäulen zur Verfügung und planen auch ein integriertes Car-Sharing-System. Aufgrund der guten ÖPNV Anbindung, des gut ausgebauten Radwegenetzes und der fußläufigen Erreichbarkeit der Innenstadt sind wir sehr optimistisch, den Bedarf nach privaten PKW senken oder vielleicht sogar obsolet machen zu können. Gleichwohl müssen wir natürlich Zufahrten für Feuerwehr, Müllabfuhr, Handwerker oder Umzugsunternehmen realisieren.
Die Überseeinsel wird als Mischgebiet geplant, das v.a. junge Familien ansprechen soll. In direkter Nachbarschaft gibt es funktionierende Industriebetriebe, für die das Bremer Modell gilt. Wie kann die Vision eines lebendigen und familienfreundlichen Quartiers dennoch realisiert werden?
Innerhalb des Quartiers sind keine Industriebetriebe verortet, wohl aber in der Nachbarschaft. Die Industriebetriebe in der Nachbarschaft stellen kein Problem dar – weder für die Verkehrsinfrastruktur noch in puncto Emissionsausstoß. Im Quartier wollen wir Gewerbebetriebe und Handwerk mit Wohnbebauung verzahnt realisieren. Familienfreundlich wird das Quartier beispielsweise durch seine Autofreiheit und durch die Realisierung von drei Kindestagesstätten sowie zwei Schulen. Kieserling Logistik Center GmbH
Innerhalb des Quartiers wird auch eine Markthalle integriert. Denken Sie, diese wird auch „Menschen von außen“ zur Überseeinsel locken?
Das emotionale Zentrum werden reaktivierte Bestandsgebäude sein. Silo und Reislager. Im Reislager werden Gastronomien und Einkaufsflächen zu einem „Foodcourt“ verschmolzen. Ich glaube, es wird spektakulär. Um den Foodcourt werden außerdem 300 Studentenwohnungen, 100 Wohnungen für Senioren und ein Hotel entstehen. Ich bin davon überzeugt, dass wir auf diese Weise eine stetige Frequenz für diesen Kernbereich gewährleisten können.
Und wie begegnen Sie Stimmen, die kritisieren, dass das Gastronomieangebot der Überseeinsel in Zukunft erhebliche Konkurrenz für die Angebote der Bremer bedeuten könne?
Die Bremer Innenstadt ist momentan in den Abendstunden wenig belebt. Ich glaube, es ergänzt sich eher mit der Innenstadt.

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Im Zuge der gläsernen Werkstatt, die im Februarstattgefunden hat, wurde ein umfangreicher Bürgerbeteiligungsprozess durchgeführt. Zu welchen Ergebnissen hat dieser Prozess geführt und welche Wünsche existieren seitens der Bürger?
Dank der Expertise des Büros Urbanista, das die Gestaltung der Rahmenplanung federführend begleitet hat, gestaltete sich der gesamte Beteiligungsprozess äußerst positiv. Im Grunde genommen mussten wir mit fast keinen negativen Stimmen „kämpfen“. Das liegt jedoch auch an der Ausgangssituation: Momentan ist das Quartier noch unbewohnt, sodass alle beteiligten Akteure sehr entspannt diskutieren, Risiken anmerken und Wünsche äußern konnten.
Es wurde auch festgelegt, das Kelloggs-Silo in dem Quartier als Landmarke zu erhalten. Welche Nutzung könnten Sie sich darin vorstellen?
In dem Silo bauen wir u.a. ein Hotel mit 120 Zimmern. Es wird also nicht nur als Landmarke bestehen bleiben, sondern auch eine neue Nutzungsfunktion erhalten. Reislager und Silo werden durch das Wiener Architektenbüro Delugan Meissl geplant – und wir sind schon weit gekommen. Baubeginn soll 2020 sein.
Wie gestaltet sich grundsätzlich der Kommunikationsprozess zwischen Ihnen, der Stadt und der Städtebauförderung? Gibt es es auch Stolpersteine?
Stolpersteine gibt es immer – eine Schule zu bauen, ist etwas unerwartet erschwert. Insgesamt ist die bremische Verwaltung aber großartig. Die Bremer Baubehörde ist sehr offen und kooperativ. Und das, obwohl die Verwaltung mit Personalknappheit zu kämpfen hat. Die manchmal zu vernehmende bissige Kritik ist jedenfalls bezogen auf die großen Bauprojekte in der Stadt absurd und ideologisch. Und das betrifft nicht nur unser, sondern alle anderen großen Projekte.
Insofern ist die hiesige Quartiersentwicklung sicherlich auch ein bisschen Learning-by-doing für Sie, oder?
Ja, natürlich. Vor allem natürlich für mich selbst. Im übrigen haben wir jetzt ein Team von sechs Personen, die zum Teil aus der Immobilienbranche kommen. Und dann unterstützen uns zahlreiche Architekten, Bauunternehmen, Planer und Gutachter. Eine echte Orinetierung können natürlich auch Best-Practice-Beispiele anderer Städte sein.

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Deshalb haben wir für die städtebauliche Planung auch Büros aus Kopenhagen, Rotterdam, Wien, Berlin, Bremen und Zürich angesehen – herausgekommen ist ein Entwurf, der vom Büro SMAQ, Berlin, mit starken Einflüssen des bremischen Büros OMP und der Planer COBE aus Kopenhagen fortgeführt wird,
Und wie dürfen wir uns nun die nächsten konkreten Etappenziele Ihrer Planung vorstellen?
Zunächst soll der zentrale Platz des Quartiers also das Reislager mit dem Silo und der Gemüsewerft fertiggestellt werden, sodass ein lebendiges Zentrum entsteht. Die Bauphase beginnt Anfang 2020, die Fertigstellung ist bereits für 2021 geplant. Ab 2022/2023 beginnt dann der Wohnungs- und Gewerbebau . auf eienr Fläche von 45.000 m². Der Zeitplan ist ehrgeizig. Wir werden uns nicht unnötig unter Druck setzen. Wir setzen unseren Fokus lieber auf Genauigkeit als auch Schnelligkeit.
Wir sind sehr gespannt auf die weitere Entwicklung. Herzlichen Dank für dieses interessante Gespräch.
DR. KLAUS MEIER
gründete basierend auf seiner Tätigkeit in der Windbranche im Jahr 1996 mit Dr. Gernot Blanke die wpd GmbH in der Metropole an der Weser. Klaus Meier ist promovierter Rechtswissenschaftler und geschäftsführender Gesellschafter. Außerdem ist er Aufsichtsratsmitglied der Unternehmensgruppe aus wpd AG, wpd windmanager GmbH & Co. KG und Deutsche Windtechnik AG. Diese beschäftigt heute 2.200 Mitarbeiter im Bereich der Onshore- und Offshore Windtechnik. Meier ist zudem als wissenschaftlicher Beirat von Forwind und als Mitglied des Aufsichtsrates der BLG AG tätig.
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