BRASILIA: CARLO RATTI ASSOCIATI ENTWERFEN NATURNAHE STADTERWEITERUNG

© CRA-Carlo Ratti Associati

Am Reißbrett geplant und neuinterpretiert

Mit der Fertigstellung der Planstadt Brasilia wurde sie 1960 zur neuen Hauptstadt Brasiliens und löste somit Rio de Janeiro ab. Der kreuzförmige Stadtgrundriss Plano Piloto entstand nach dem städtebaulichen Entwurf Lúcio Costas, der in Kooperation mit dem Architekten Oscar Niemeyer die neuartige Stadt stilistisch prägte. Der Plano Piloto wurde 1987 in die UNESCO Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. 2018 beauftragte die Immobiliengesellschaft TerraCap die Carlo Ratti Associati mit der Erweiterung des ungewöhnlichen Grundrisses in Richtung Norden. An der Schnittstelle zwischen Innenstadt und dem Brasilia Nationalpark wird das urbane Gebiet stark von seiner natürlichen Umgebung bestimmt sein.

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Ziel der 2020 veröffentlichten Planung ist es, das Konzept Costas nicht einfach zu kopieren, sondern dieses zeitgemäß neu zu interpretieren. Auf 1 Mio. Quadratmetern Fläche wird künftig ein Innovationsquartier mit grüner Perspektive entstehen – das BIOTIC. Mittels einer konsequenten Mischnutzung, die Raum für Wohnen und Arbeiten, Labore, Einzelhandel sowie Gastronomie beinhaltet, wird sowohl soziale als auch ökologische Nachhaltigkeit angestrebt. Somit überwindet der Entwurf die strenge Funktionstrennung des Plano Piloto.

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Eine lebendige Mitte

Konkret bedeutet dies eine Abwandlung der sogenannten Superquadras; der Wohnviertel des nördlichen und südlichen Teils der Stadt. Die Volumenverteilung der ursprünglichen Blöcke soll im neuen Stadtteil umgekehrt werden. Der Entwurf nach Carlo Ratti Associati sieht vor, die Raumkanten zur Straße auszubilden und somit ein lärm- und schmutzreduziertes Inneres zu ermöglichen. Es entstehen Hofbereiche, die als lebendige Begegnungsorte fungieren. Brasilia erhält erstmalig einen öffentlichen Raum, dessen Atmosphäre präzise ausgestaltet werden kann. Insbesondere innerhalb einer autogerechten und funktionsgetrennten Planstadt ist solch ein vielgestaltiger urbaner Raum mit menschlichen Maßstäben von essentieller Bedeutung für dessen Bewohner:innen.

Mit der Natur verbunden

Im Sinne der innovativen Ambitionen des neuen Quartiers sollen auch die jeweiligen Gebäudekomplexe im Einklang mit der Natur konzipiert sein. Mithilfe digitaler Technologien werden die Holzfassaden gesteuert und ermöglichen den Austausch von Wind, Sonnenlicht und Temperatur innerhalb der Gebäude. Arbeitende und Bewohner:innen erhalten so die außergewöhnliche Möglichkeit, auf alltäglicher Basis den Kontakt zur Natur zu genießen. In den Innenhofbereichen sind Working-Areas vorgesehen, welche die Arbeitsplätze der Obergeschosse in ungezwungener und natürlicher Atmosphäre erweitern. Parks, Plätze, Gemeinschaftsgärten, Cafés und Einzelhandelsangebote geben dem Freiraum zusätzlich einen lebendigen und inspirierenden Charakter. Innerhalb der einzelnen Blöcke ist der Übergang von öffentlichem zu privatem Raum fließend. Insgesamt verfolgt das umfangreiche Vorhaben Brasilias Ambitionen hin zu einer Stadtentwicklung mit menschlichen statt autogerechten Ansprüchen.

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