Sowohl die Kommunen, aber auch die Investoren haben erkannt, dass die geforderte Baulandmobilisierung ohne die Berücksichtigung von Klima- und Mobilitätsbausteinen nicht möglich ist. Holzbauweise, vertikale Gärten sowie die Integration von Nutzgärten in Bauprojekte sind Trends, die aktuell an Bedeutung im Rahmen der Bauleitplanung gewinnen. Dass der Kommune auf der Ebene der Bauleitplanung zur Verfügung stehende Festsetzungsinstrumentarium im Bereich Klima und Mobilität ist allerdings (noch) limitiert. So ist es auf den ersten Blick überraschend, dass § 9 BauGB nicht die unmittelbare Festsetzung von Stellplätzen für E-Mobilität, d.h. Ladesäulen, in Bebauungsplänen ermöglicht. Indirekt können Stellplätze mit Ladestationen aber über die sonstigen Festsetzungsmöglichkeiten für Stellplätze realisiert werden. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die Festsetzungsmöglichkeiten der Gemeinden grundsätzlich durch den Katalog der Festsetzungen in § 9 BauGB begrenzt sind. Ein weiteres Defizit ist, dass die spätere Errichtung festgesetzter Stellplätze mit Ladefunktion nur im Rahmen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans rechtlich durchgesetzt werden kann. Der klassische Angebotsbebauungsplan schafft noch keine Bauverpflichtung. Dies führt im Ergebnis dazu, dass verbindliche Regelungen zur Schaffung von Stellplätzen mit Ladefunktion regelmäßig durch städtebauliche Verträge gesteuert werden.
Klimabausteine
Auch weitere Klimabausteine lassen sich mit der Hilfe von Festsetzungsmöglichkeiten direkt oder indirekt steuern. So können Anlagen für die Heiz- und Wasserversorgung, aber auch für regenerative Energien festgesetzt werden. Über § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB kann die Gemeinde festsetzen, dass bei der Errichtung von Gebäuden und anderen baulichen Anlagen auch bauliche oder sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung vorgehalten werden. Somit haben die Gemeinden im Rahmen der Klimaschutznovelle 2011 das Recht erhalten, im Bebauungsplan auch den Einbau von Anlagen und Einrichtungen verbindlich vorzuschreiben, in denen erneuerbare Energien erzeugt, genutzt oder gespeichert werden können. Diese Möglichkeit führt dazu, dass Gemeinden in neuen Baugebieten regelmäßig die Errichtung von Anlagen zur Nutzung der Solarenergie, von Wärmepumpen oder auch die technische Einrichtung für den Anschluss an eine geplante Fern- oder Nahwärmeversorgung festsetzen. Neben den Festsetzungsmöglichkeiten im Bebauungsplan werden quartiersübergreifende Energiekonzepte durch städtebauliche Verträge begleitet.
Auch bestimmte Baumaterialien können im Rahmen der Bauleitplanung durch vorhabenbezogene Bebauungspläne, städtebauliche Verträge oder bauordnungsrechtliche Gestaltungsvorschriften vorgegeben werden. Auf diese Weise lassen sich z.B. Holzbaukonzepte planen und umsetzen.
Mobilitätsbausteine
Unmittelbaren Einfluss auf das Klima im Quartier haben auch die Mobilitätsangebote. Daher kommen heutzutage in fast allen Bauleitplanverfahren zunehmend Mobilitätskonzepte zum Einsatz. Bei diesen Mobilitätskonzepten handelt es sich um integrierte Planungen, die darauf abzielen, Kraftfahrzeugverkehr zu Gunsten des ÖPNV und des Fahrradverkehrs zu reduzieren. Die Maßnahmen, die zur Erreichung dieses Zieles eingesetzt werden, sind eine Optimierung des Mobilitätsangebotes innerhalb des neuen Quartiers (Schaffung eines sinnvollen Fahrradverkehrsnetzes, Schaffung von ausreichenden und funktionalen Fahrradstellplätzen im öffentlichen wie im privaten Raum, Integration von car sharing-Modellen, Reduzierung der PKW Stellplätze im öffentlichen wie im privaten Raum, Optimierung der Anbindung an den ÖPNV, Schaffung von flächendeckenden Jobticketangeboten für die Bewohner:innen).
Diese skizzierten Maßnahmen lassen sich aufgrund der beschränkten Festsetzungsmöglichkeiten in einem Bebauungsplan aber nur eingeschränkt über Festsetzungen gemäß § 9 BauGB verbindlich regeln. Aspekte, die nicht unmittelbar über Festsetzungen in Bebauungsplänen umgesetzt werden können, werden in der Praxis regelmäßig über städtebauliche Verträge umgesetzt. In diesem Zusammenhang sind insbesondere Handlungspflichten von Nutzern oder Grundstückseigentümer:innen im Plangebiet (etwa die Verpflichtung zur Bereitstellung von Jobtickets) problematisch, weil es rechtlich schwierig ist, solche mit Wirkung auf etwaige Rechtsnachfolger verbindlich zu vereinbaren. Gelingt die nachhaltig verbindliche Regelung nicht, droht die Unwirksamkeit des Bebauungsplanes wegen eines Abwägungsfehlers, wenn das Mobilitätskonzept abwägungsrelevant war.
ESG als Treiber für nachhaltiges Bauen
Klimafragen und Mobilität werden die Bauleitplanung in den kommenden Jahren herausfordern und prägen. Nur der richtige Umgang mit beiden Bausteinen führt zu einem lebenswerten und zukunftsgewandten Quartier. Während in der Vergangenheit häufig die Kommunen versucht haben, Klima- und Mobilitätsbausteine im Rahmen der Bauleitplanung durchzusetzen, zeigt sich aktuell ein anderer Trend. Der gesellschaftliche Wandel und die damit einhergehende Akzeptanz für Klimaschutz führt dazu, dass auch Investoren und Projektentwickler vermehrt auf den Klimaschutz als Qualitätsmerkmal setzen. Ein Grund für diesen Trend ist, dass Environmental, Social & Governance (ESG) und nachhaltiges Investieren in der Immobilienbranche ein immer wichtigerer Faktor wird. Ein Faktor der erhebliche Auswirkungen auf die zukünftige Quartiersentwicklung haben wird. Diese Erkenntnis führt dazu, dass nicht allein die verbindliche Bauleitplanung, sondern gerade die aktuellen Nachhaltigkeitsbestrebungen der Projektentwickler und Investoren für einen Schub an Klima- und Mobilitätsbausteinen sorgen wird.
CHRISTOPHER KÜAS
ist als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht Partner der bundesweit tätigen Kanzlei CBH Rechtsanwälte Cornelius Bartenbach Haesemann & Partner mbB. Er berät Unternehmen der Immobilienbranche in allen Fragen des öffentlichen Baurechts. Im Rahmen der juristischen Projektentwicklung begleitet Christopher Küas Bebauungsplanverfahren und Baugenehmigungsverfahren. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die fachliche Beratung bei innerstädtischen Revitalisierung- und Umnutzungsmaßnahmen sowie die Entwicklung von alternativen Verkehrskonzepten.
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