
© Ulmer Wohnungs- und Siedlungs-Gesellschaft mbH
Mit ca. 7200 Wohnungen ist die UWS größte Mietwohnungsanbieterin im regionalen Markt. Welche Erwartungen haben Sie an die Entwicklungen des Wohnbedarfs?
Ulm ist ein prosperierender Markt. Dieses Wachstum bildet sich auch auf dem Wohnungsmarkt ab. Ein zentraler Mechanismus ist die kontinuierliche Personalsuche der sogenannten Hidden Champions der Region, deren neue Mitarbeitende Wohnraum in Ulm und Umgebung suchen. Dementsprechend ist die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt nach wie vor groß. Hinzu kommt die Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke zwischen Stuttgart und Ulm, die nach ihrer bevorstehenden Fertigstellung eine deutliche Verkürzung der Fahrzeit zwischen den beiden Städten ermöglicht. Wenn Pendelnde binnen einer halben Stunde nach Stuttgart fahren können, werden sowohl die Stadt Ulm als auch die Region als Wohnorte noch attraktiver. Zumindest erwarten wir eine steigende Nachfrage.
Der Bedarf an Wohnraum spiegelt sich gegenwärtig bereits in verschiedenen Bauprojekten wider, wie z. B. Am Weinberg und im Dichterviertel, das sich in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs befindet. Bleibt die Nachfrage auch weiterhin deutlich höher als das Angebot, wird es unsere wichtigste Aufgabe sein, diesem Bedarf gerade im bezahlbaren Mietpreissegment gerecht zu werden.

Dichterviertel // © Steinhoff / Haehnel Architekten, Stuttgart
(Dichterviertel, Wohnen Am Weinberg, Citycubes Safranberg Ulm – hier geht’s zum Beitrag über die Entwicklungsprojekte in Ulm.)
Wie begegnet Ulm dieser Herausforderung?
Als größte Mietwohnungsanbieterin im regionalen Wohnungsmarkt kann die UWS auf 90 Jahre Erfahrung als Wohnungsbauunternehmen zurückblicken. Unser Kerngeschäft ist die Entwicklung von bezahlbarem Wohnraum und diese Aufgabe erfüllen wir mit den günstigsten Mieten in der Stadt: Unsere derzeitige Durchschnittsmiete von 6,37 €/m2 wirkt im Wohnungsmarkt wie eine Mietpreisbremse. Wir können damit Mieterinnen und Mieter versorgen, die es andernfalls auf dem Wohnungsmarkt schwer hätten, angemessene Wohnungen zu finden. Eine besondere Herausforderung bedingt hier auch der demografische Wandel und die damit einhergehenden Ansprüche an Wohnraum. Dementsprechend bildet der barrierefreie Umbau unserer Wohnungsbestände derzeit eine zentrale Aufgabe.
Ein weiteres unserer Aufgabenfelder ist klimafreundliches Bauen und Wohnen, bei dessen Umsetzung wir auf neue Technologien setzen. Letztere haben wir in der Vergangenheit bereits erfolgreich implementiert. Als lokales bestandshaltendes Unternehmen denken wir grundsätzlich in längeren Zeiträumen: Für uns ist es wichtig, auch noch in den nächsten 90 Jahren nachhaltigen Wohnraum zu schaffen und unsere Wohnungsbestände so zu entwickeln, dass sie auch den vielfältigen Ansprüchen der Zukunft standhalten können.
Sie verfolgen bei Ihren Projekten stets einen nachhaltigen Leitgedanken. In welchen Bereichen wird dieser sichtbar und wo bleibt er vielleicht für Außenstehende verborgen?
Die Nachhaltigkeit lässt sich in drei Dimensionen aufteilen: die soziale, ökologische und ökonomische. Bei den sozialen Gesichtspunkten gehen unsere Bestrebungen über eine bezahlbare Miete hinaus: Wir bieten z. B. Sonderwohnformen, Wohngruppen für Menschen mit Einschränkungen und Wohngruppen für besondere Zielgruppen, die wir in Hausgemeinschaften integrieren. Knapp 20 Prozent unseres Wohnungsbestands ist darüber hinaus sozial gefördert und mietpreisgebunden.
Um ökologisch nachhaltig handeln zu können, setzen wir bei unseren Neubauprojekten auf den KfW-55-Standard. Darüber hinaus bauen wir in Holzhybridbauweise und verfolgen bei unseren Planungen einen möglichst ressourcenschonenden Weg. Letztgenannter Punkt ist auf den ersten Blick nicht immer sichtbar. Unsere Ansprüche an soziale und ökologische Dimensionen wollen wir mit guten wirtschaftlichen Ergebnissen realisieren, damit wir ein Eigenkapital erwirtschaften können, das es uns ermöglicht, unsere Investitionen selbstständig zu stemmen und auch langfristig in die Zukunft zu investieren.
Bezahlbarer Wohnraum ist gefragter denn je, gleichzeitig verfolgen Sie hohe Ansprüche in puncto Nachhaltigkeit. Wie lassen sich preisgünstiges Wohnen und Nachhaltigkeit vereinbaren?
Das gelingt nur, wenn die genannten drei Dimensionen in Balance sind. Wirtschaftlich ist dies v. a. durch unsere niedrigen Renditeanforderungen möglich. Unser Ziel ist es, mit unseren Einnahmen die Investitionen refinanzieren zu können; demnach verzichten wir auf mögliche Gewinne durch höhere Mieten. Ein weiterer wichtiger Baustein sind Fördermittel des Landes und des Bundes. Allerdings stehen wir hier vor einer neuen Herausforderung, nachdem die KfW-Fördermittel für bestimmte Bauvorhaben gestrichen worden sind. Ohne eine angemessene Förderkulisse können wir zukünftig keine bezahlbaren Neubaumieten mehr gewährleisten.
Die UWS engagiert sich auch auf sozialer und kultureller Ebene. Wie sieht dieses Engagement aus?
Wir sponsern lokale Veranstaltungen und Vereine im Kunst- und Sportbereich vor Ort in den Quartieren, möchten hierbei jedoch nicht so sehr im Vordergrund stehen. Dieses Engagement ist für uns primär eine gute Möglichkeit, mit unseren Mieterinnen und Mietern in Kontakt zu bleiben. Unser Förderungsfokus liegt z. B. auf dem Nachwuchssport und auf vielen einzelnen Kulturprojekten – insbesondere wenn sich diese thematisch mit Bauen und Wohnen beschäftigen.
Zum Abschluss: Mit welchen Zielen blickt die UWS in die Zukunft?
Wir bleiben auch in Zukunft dem Ziel treu, bezahlbare Wohnungen in der Stadt zu bauen. Wir möchten unsere Projekte dabei noch digitaler aufstellen und bis 2045 die Klimaneutralität erreichen. Obwohl uns dieses Vorhaben als Herkulesaufgabe begleiten wird, da wir Schritt für Schritt auch unsere Wohnungsbestände entsprechend weiter sanieren müssen, sind wir bereits auf dem Weg, dieses Ziel zu erreichen. Die Fernwärmeversorgung bietet hier eine gute Voraussetzung. Auch Themen wie Smart Home werden künftig mehr und mehr in den Mittelpunkt rücken und infolgedessen auch die Frage nach dem richtigen Umgang mit Daten, die seitens unserer Mieterinnen und Mieter erzeugt werden. Vor dem Hintergrund des Klimaschutzes spielen diese Daten allerdings eine entscheidende Rolle. Es ist jedoch auch nicht von der Hand zu weisen, dass Klimaneutralität nur dann erreicht werden kann, wenn sich alle Beteiligten dazu bereit erklären, bislang noch nie dagewesene Investitionen zu stemmen.
Vielen Dank für das spannende Gespräch.
Dr. Frank Pinsler
promovierte 1997 an der TU Hamburg-Harburg in Bauphysik und Baustoffe im Bauwesen. Von 2000 bis 2007 leitete er den Bereich Koordination Technisches Objektmanagement bei der Allianz-Immobilien GmbH, bevor er 2008 die Geschäftsführung der Ulmer Wohnungs- und Siedlungs-Gesellschaft mbH (UWS) übernahm. Darüber hinaus ist er stellv. Vorstandsvorsitzender der KOWO – Vereinigung baden-württembergischer kommunaler Wohnungsunternehmen und Mitglied des Verbandsrates des vbw – Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V.
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