Die „Aufteilung“ des Gebiets der Bundesrepublik nach dem Telekommunikationsgesetz (TKG)
Das im Zuge der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes am 01.08.1996 in Kraft getretene TKG hat sich als rechtliche Basis für die Entstehung neuer Telekommunikationsnetze, aber auch als Werkzeug des Ausbaus des Netzes des früheren Monopolisten Deutsche Telekom AG, das heute durch die Konzerntochter Telekom Deutschland GmbH betrieben wird, bewährt. Das TKG ordnet jedes Grundstück in Deutschland einer von lediglich zwei bestehenden Kategorien zu: Entweder stellt eine Grundstücksfläche einen Verkehrsweg im Sinne des § 68 Abs. 1 TKG dar oder es ist ein sonstiges Grundstück, also ein Grundstück, das eben kein Verkehrsweg ist (§ 76 Abs. 1 TKG). Letztere Grundstücke werden oft auch als „Privatgrundstücke“ bezeichnet. Inhaltlich ist dies aber nicht ganz korrekt, da z. B. auch gemeinde- oder landeseigene Grundstücke, die keine (dem öffentlichen Verkehr gewidmeten) Verkehrswege darstellen, § 76 Abs. 1 TKG unterfallen (sog. „Fiskalflächen“).
Inanspruchnahme von Grundstücken für Telekommunikationslinien
Die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme von Grundstücken für die Errichtung und den Betrieb von Telekommunikationslinien (der Begriff umfasst z. B. auch Glasfaserkabel nebst Kabelschutzrohren) unterscheiden sich je nach Zugehörigkeit des betreffenden Grundstücks zu einer der beiden einleitend beschriebenen Kategorien. So ist gemäß § 68 Abs. 3 TKG die Zustimmung des für einen Verkehrsweg zuständigen Wegebaulastträgers erforderlich. Ein – den Breitbandausbau verzögerndes – Ärgernis war in der Vergangenheit oft die schleppende oder gar unterbleibende Bescheidung von Zustimmungsanträgen der Telekommunikationsnetzbetreiber. Um dem wirksam zu begegnen, hat der Gesetzgeber durch das am 10.11.2016 in Kraft getretene DigiNetzG („Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze“) eine Bestimmung in § 68 Abs. 3 TKG integriert, nach der die Zustimmung (ein Verwaltungsakt, auf deren Erteilung Telekommunikationsunternehmen einen gesetzlichen Anspruch haben) des Wegebaulastträgers nach Ablauf von drei Monaten ab Einreichung des vollständigen Zustimmungsantrags als erteilt gilt. Die Zustimmung ist dann also rechtswirksam, auch wenn die Zustimmungsbehörde faktisch untätig geblieben ist. Was für die Vollständigkeit eines Zustimmungsantrags erforderlich ist, hat die Rechtsprechung in zwei noch recht jungen Entscheidungen klargestellt (VGH Mannheim, Beschluss vom 02.10.2018, Az.: 1 S 796/18; VG Magdeburg, Urteil vom 14.01.2019, Az.: 3 A 257/18 MD).
Grundstücke, die keine Verkehrswege im Sinne vom § 68 Abs. 1 TKG sind, unterliegen hingegen einer unmittelbaren Duldungspflicht, d. h. deren Eigentümer haben die Errichtung und den Betrieb von Telekommunikationslinien schlicht als eigentumsrechtliche Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG hinzunehmen. Im Gegenzug erhalten sie eine (einmalige) angemessene Ausgleichszahlung gemäß § 76 Abs. 2 Satz 2 TKG, ferner hat das Telekommunikationsunternehmen – selbstverständlich – entstehende Schäden am Grundstück gemäß § 76 Abs. 2 Satz 3 TKG zu beseitigen. Die Rechtmäßigkeit der erheblichen Reichweite dieser unmittelbaren Duldungspflicht, die allerdings für die gewünschte zügige Entstehung weiterer Telekommunikationsnetze nach Ansicht des Verfassers unabdingbar ist, haben die Gerichte bis hin zum Bundesverfassungsgericht immer wieder bestätigt (z. B. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.07.1998, Az.: 9 U 47/ 98; OLG Köln, Beschluss vom 22.07.2013, Az.: 16 U 41/13; BGH, Urteil vom 23.11.2001, Az.: V ZR 419/00; BVerfG, Beschluss vom 22.01.2005, Az.: 1 BvR 290/01).
Weitere Grundlagen des Breitbandausbaus
Weitere Grundlagen des Breitbandausbaus, die gerade in Bochum umfassend genutzt wurden und werden, sind die Fördergelder, die der Bund und die Länder zur Verfügung stellen, die Nutzung der sogenannten Vectoring-Technik sowie umfangreiche Mitnutzungs- und Koordinierungsansprüche nach dem DigiNetzG.
Fördergelder
Im Unterschied zu vielen anderen Städten und Gemeinden bzw. Kreisen hat die Stadt Bochum im Zuge des Gigabit-City-Projekts umfangreiche und erfolgreiche Förderanträge gestellt. Der Bund hat zwar Fördergelder in Milliardenhöhe vorgesehen, oft hapert es jedoch bei der Beantragung oder aber der Bewilligung. Insbesondere kleinere Städte und Gemeinden fühlen sich mit den Anträgen und den umfangreichen Ausschreibungen überfordert.
Vectoring
Beim Vectoring handelt es sich – kurz gesagt – um eine Technik, durch die die Übertragungsrate der immer noch umfangreich vorhandenen TK-Kupferkabel vervielfacht werden kann. Je nach Entfernung zum nächsten Kabelverzweiger können so Datenübertragungsraten von 100 MBit oder mehr erreicht werden.
DigiNetzG
Durch das Inkrafttreten des DigiNetzG zielt das TKG außerdem darauf ab, für den weiteren Ausbau digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze bereits vorhandene Infrastrukturen (sogenannte „passive Netzinfrastrukturen“, § 3 Nr. 17a TKG) auch anderer Versorgungsnetze als solcher der Telekommunikation (also z. B. Strom-, Fernwärme- oder Abwassernetze) nutzbar zu machen. Unter dem Begriff der „passiven Netzinfrastrukturen“ fallen z. B. Leerrohre, Kabelkanäle, Schächte etc. Ferner ist bei Baumaßnahmen, die ganz oder teilweise mit öffentlichen Mitteln finanziert werden, eine Baustellenkoordination vorgesehen, um z. B. entstehende Leitungsgräben für mehrere Medien zu nutzen und somit Tiefbaukosten zu reduzieren. Für eine solche Koordination in der Hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden hat die Bundesnetzagentur im Jahr 2018 eine Grundsatzentscheidung gefällt (Bundesnetzagentur, Beschluss vom 20.04.2018, Az.: BK11-17/020).
Ein TK-Netzbetreiber wollte von dem neuen gesetzlichen Koordinierungsanspruch gemäß § 77i TKG in der Weise Gebrauch machen, dass neben den in den Erschließungsstraßen zu verlegenden Leitungen für Gas, Strom und Telekommunikation sein eigenes neues TK-Netz untergebracht würde. Die Landeshauptstadt und ihre städtische Entwicklungsgesellschaft hatten vorgebracht, dass die Planungen für das Neubaugebiet bereits zu weit fortgeschritten seien, in den vorgesehenen Leitungsgräben Platzmangel herrsche und man im Übrigen keine „öffentlichen Mittel“ im Sinne des § 77i TKG für die Erschließung des Neubaugebiets verwende. Sämtlichen dieser Argumente hat die Bundesnetzagentur allerdings eine Absage erteilt und insbesondere darauf hingewiesen, dass das DigiNetzG keinesfalls den Zweck verfolge, der Entstehung eines neuen TK-Netzmonopols Vorschub zu leisten. Vielmehr lasse das TKG einen Infrastrukturwettbewerb im TK-Bereich nicht nur zu, sondern sei seit seinem Inkrafttreten am 01.08.1996 gerade auf die Entstehung eines Netz- und Dienstewettbewerbs ausgerichtet gewesen. (Anmerkung: Aktuell haben die Kommunalverbände ein Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des § 77i TKG angestoßen, um die aus ihrer Sicht vom DigiNetzG nicht gewünschte Entstehung mehrerer TK-Netze im selben Gebiet zukünftig zu verhindern.)
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Dr. Christian Stenneken
ist bei AULINGER Rechtsanwälte verantwortlicher Partner für die Bereiche Telekommunikation, Energie und Infrastruktur. U. a. berät und vertritt er seit über 20 Jahren Netzbetreiber beim Breitbandausbau oder dem Ausbau von Strom- und Gasnetzen.
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