Bereits zum 13. mal reisten im Spätsommer 2018 mehr als 100 Kreative aus aller Welt in die „Stadt der Moderne“, um das Gelände der alten Nadel- und Platinenfabrik an der Waplerstraße im Rahmen des renommierten ibug Festivals in ein buntes Gesamtkunstwerk zu verwandeln.
Die Anfänge der ibug liegen 2006 im sächsischen Meerane und gehen Hand in Hand mit der Suche des Graffiti Künstlers „Tasso“ nach neuen Entfaltungsmöglichkeiten. Eine erste Industriebrachenumgestaltung mauserte sich nach und nach zu einem einem weltweit bekannten Festival für urbane Kunst. Alle Jahre wieder wird traditionell am letzten Augustwochenende eine Brache in Westsachsen als temporäre Ausstellung freigegeben. Im Fokus steht dabei das Experiment mit Genres, Materialien und Techniken ebenso wie die Vergangenheit der Brache und ihre Architektur. Verlassenes soll zu neuem Leben erweckt werden und gleichzeitig an das längs Vergessene erinnern – und das Gelände der alten Nadel- und Platinenfabrik ist von einer langen Geschichte gezeichnet.
Das Fabrikgelände, das in diesem Festivaljahr die Leinwand für die Industriebrachenumgestaltung darstellt, wurde 1924 als Zweigniederlassung der Kölner Firma Rollmann & Rose erbaut und hat seitdem einige Umfirmierungen erlebt. In den späten 30er Jahren wurde der Gebäudekomplex durch die Astra-Werke AG, bekannt für die Herstellung von Addier- und Buchungsmaschinen, für die Produktion von Rüstungsmaschinen aufgekauft. Der Hof diente während des 2. Weltkrieges als Kriegsgefangenenlager. 1945 erfolgte die vollständige Demontage des Werkes durch die sowjetische Militäradministration. 1948 ging es dann in Volkseigentum über. 1951 wurde der VEB Sächsische Nadel- und Platinenfabrik gegründet, spezialisiert auf Nadeln und Platinen für u.a. Strick- und Wirktechnik. Im Jahr 1978 wurde der Betrieb dann dem Kombinat TEXTIMA zugeordnet und firmierte seither unter dem Namen „NAPLAFA“. Durch die Wende fand 1990 die Umfirmierung in eine GmbH sowie 1998 die Übernahme durch eine Schweizer Firma statt. Der zuletzt bekannte Firmenname NAPLAFA existiert nach wie vor, allerdings seit 1998 an der Mauersberger Straße 14 in Chemnitz.
Neben der zu bestaunenden Kunst wird den Festivalbesuchern ein buntes Festivalprogramm mit Führungen, Filmen, Diskussionen, einem Kunstmarkt, Livemusik und Partys geboten. Rund 15.000 Besucher kamen im vergangen Jahr und staunten nicht schlecht, als sie die Graffitis, Malereien und Installationen in der stillgelegten Spezialmaschinenfabrik bewundern durften. Eins ist ganz sicher: Ein Grau in Grau wird nach der Industriebrachenumgestaltung auch in der Nadel- und Platinenfabrik wohl niemanden mehr erwarten.
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