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Der New Yorker Bezirk Brooklyn erfuhr in den letzten Jahren einen massiven wirtschaftlichen Boom und entwickelte sich zum Trendstadtteil. Mit einem Anstieg der Arbeitsplätze zwischen 2001 bis 2015 hin zu einer Zahl von fast dem Dreifachen von Manhattan brachte die Entwicklung viel Positives. Bei genauerem hinsehen wird jedoch klar, dass auch negative Aspekte mitschwingen. Zu nennen ist hier die Gentrifizierung, die vor allem am westlichen Küstenabschnitt wirkte, wo ursprüngliche Nachbarschaften einer neuen Feinschmeckermeile weichen mussten. Ein hoher Grad an sozialer Stratifikation und Ernährungsungleichgewicht waren die Folge. Im Jahr 2018 verfügte Brooklyn über die höchste geschätzte Ernährungsunsicherheitsrate New Yorks, ein Trend der sich auch in 2019 fortsetzte.

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Die Landwirtschaft der Zukunft?
Die Landwirtschaft ist ein zentraler Bestandteil der Zivilisation, die sich seit ihren Anfängen bis heute immer weiterentwickelt hat. Diese Entwicklung bringt jedoch nicht nur positive Aspekte mit sich. Im heutigen Ausmaß verbraucht die Landwirtschaft den Großteil unseres Süßwasservorrats und beansprucht große Mengen Land, rund 37% der gesamten Fläche. Historisch betrachtet ist die Landwirtschaft der Hauptgrund für die Abholzung und dem Verlust von Biodiversität. Weitere Belastungen für Wirtschaft und Ökologie resultieren aus Transport und Logistik, die notwendig sind, um jedes Obst und Gemüse jederzeit überall einkaufen zu können. Um 2050 die, von den Vereinten Nationen auf rund 10 Milliarden Bewohnern geschätzte Bevölkerungszahl zu versorgen, würde fast das Doppelte an Fläche für die herkömmliche Landwirtschaft benötigt werden, gleichzeitig schrumpfen die verfügbaren Flächen rapide – eine Rechnung, die nicht aufgeht, wird bereits jetzt der Großteil der gesamten Landflächen in irgendeiner Weise beansprucht. Ein beängstigender Blick in die Zukunft.
Doch Wissenschaftler tüfteln bereits an alternativen Lösungsansätzen wie dem Vertical Farming, bei dem wie der Name schon sagt, Landwirtschaft nicht wie gewohnt horizontal, sondern vertikal betrieben wird. Ein besonderes Konzept entwickelte dabei das Framlab, gegründet vom norwegischen Architekten Andreas Tjeldflaat, um mithilfe von gezielten Designs die soziale und ökologische Resilienz zu verbessern. Mit ihrem Design Glasir 2.0 macht sich das Team die Struktur eines Baumes sowie Prinzipien der Aeroponik zunutze und schafft so einen landwirtschaftlichen Modulbau, der nicht mehr Platz benötigt als ein Baum. Diese Eigenschaft macht ihn besonders im urbanen Raum einsetzbar, während er gleichzeitig Nachbarschaften stärken soll. Die Präsenz eines Modulbaumes steigert zusätzlich die Sichtbarkeit und das Bewusstsein für die Bedeutung von gesundem Gemüse. Seinen Namen verdankt der Farmingbaum dem majestätischen Baum „Glasir“ aus der nordischen Mythologie, der leuchtet und über mächtige Kräfte verfügt.

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So funktioniert’s
Glasir kombiniert flexible Modularität mit der Effizienz aeroponischer Wachstumssysteme und ermöglicht Nachbarschaften dank eines vertikalen, sich selbstregulierenden landwirtschaftlichen Anbaus, ganzjährig den Zugang zu erschwinglichen, lokalen Erzeugnissen.
Bei der Konstruktion des Vertical Farming Systems orientierte sich das Framlab an den anpassungsfähigen Wachstumsprozessen von Bäumen und versucht diese für ein ertragreiches Vertical Farming zu nutzen. Der Systemkatalog besteht aus zehn Modulen (fünf Wachstums-, drei Produktions- und zwei Zugangsmodule), die dank standardisierter Interfaces beliebig miteinander verbunden werden können. Die verschiedenen Module sind mit dem Rumpf verbunden und mit dem Wasserkreislauf gekoppelt. Eine äußere Titanoxidschicht extrahiert Schadstoffe aus der Luft und wirkt dadurch der Kontamination der Erzeugnisse entgegen. Die einzelnen Module können anhand einer App zum jeweiligen Ernteplatz bewegt werden. Das Herz der Technologie bildet eine KI, die das Wachstum und die Verteilung der Produktionsmodule optimiert. In Verbindung mit verschiedenen Umweltsensoren, kann der Baum so auf wechselnde Wetterverhältnisse reagieren. Das modulare Farming System ermöglicht eine maximale Nutzung der verfügbaren Ressourcen und minimiert Transportkosten und Produktionsenergie. Es eignet sich für verschiedene Geschäftsmodelle und unterschiedliche Zielgruppen sowie im Rahmen der Sharing Economy, da jedes der Produktionsmodule von mehreren Personen genutzt werden kann. So dient das System nicht nur zur Versorgung, sondern schafft gleichzeitig einen öffentlichen Raum für die Anwohner, der zusätzlich dank Glasir mit Licht und Schatten versorgt wird. Die individuelle Zusammensetzung der Gemüsearten je nach Nachbarschaft spiegelt die ansässige Gemeinschaft wider, stärkt so das Viertel und erzeugt ein Gefühl von Stolz bei den Bewohnern.
Sicherlich wird das Vertical Farming nicht die Lösung aller Probleme sein, jedoch ist es ein weiterer Schritt in Richtung einer lebenswerten Zukunft, um die gerade die zukünftigen Generationen bangen.

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