JULIAN VON HODENBERG: MIT INNOVATION GEGEN DIE UNSICHERHEIT

© Delta Development Group

Risiken finden sich zu jedem Zeitpunkt überall, soviel ist sicher. Einzig ihre Einschätzung ist Kopfsache. Denn auch wenn die Angst Teil unserer conditio humana ist, gehen verschieden geprägte Kulturen unterschiedlich mit ihr um. So wird amerikanischen und chinesischen Investoren nachgesagt, risikofreundlicher zu investieren, während hierzulande die German Angst den Diskurs dominiert. Bis wohin schützt uns die Ängstlichkeit? Und ab wann wirkt sie lähmend?

Die aktuelle wirtschaftliche Lage ist schwer zu überblicken, zu viele unterschiedliche Thematiken greifen ineinander: Der Krieg in der Ukraine bedingt die rasant steigende Inflation und horrende Energiepreise; die Immobilienbranche beschäftigt ebenfalls weiterhin anziehende Baupreise und dazu immer strengere Auflagen. Sie steht vor einer Rechenaufgabe, in welcher die Variablen der undefinierten Faktoren kein eindeutiges Ergebnis zulassen. Der Wert des Geldes sinkt währenddessen immer weiter und simultan können wir dabei zusehen, wie die Zinsen in gerade einmal sechs Monaten auf das Niveau von vor 10 Jahren ansteigen.

In der Baubranche ist Angst ein Synonym für Zurückhaltung. Schon geringe Ausschläge der Zinsen beeinträchtigen die Wirtschaftlichkeit so stark, dass es Akteuren nicht mehr opportun erscheint, eine Investition zu tätigen und Projekte zu realisieren. Neben den wachsenden Kosten zur Erstellung von Gebäuden sind Lieferengpässe an der Tagesordnung. Infolgedessen können einige Projekt nicht realisiert werden, andere Bauvorhaben werden verschoben.  Weitere Sorgen sind, dass ein Teil des Kapitals in andere Bereiche wie Staatsanleihen fließt, welche so gut wie keine Wertsteigerung mit sich bringen.

Selbstverständlich sind die Allokationsmechanismen zwischen Angebot und Nachfrage nicht die Pauschalantwort auf jedes Problem, doch es lässt sich ein politischer Trend zur Überregulierung beobachten, der nicht selten den innovativen Wind aus den Projekt-Segeln nimmt. Dabei sind es ebendiese Innovationen, die für eine effiziente und klimafreundliche Entwicklung zwingend notwendig sind. Die Faktorbündel der Unsicherheit sollten selbstverständlich nicht ignoriert werden. Sich von ihnen lähmen zu lassen, ist allerdings fruchtlos und hilft niemandem weiter.

Wir von Delta haben schon vor über 20 Jahren erkannt, dass eine bessere Zukunft und eine Überwindung des Unbehagens gegenüber Investitionen und Projekten in der Entwicklung von transparenten, anpassungsfähigen und nachhaltigen Ansätzen liegen. Durch die Reduzierung des ökologischen Fußabdruckes und einer langfristigen Ausrichtung der Projekte verringern sich gleichzeitig auch Abhängigkeiten und unkalkulierbare Risiken. Dieser Mehrwert schafft eine Win-Win-Situation auf allen Seiten. Weder Verbraucher:innen noch unser Planet dürfen den Preis einer traditionellen, kommerziellen Entwicklung zahlen. Ein erfolgreiches Gebäude ist daher eines, das außergewöhnlich gut funktioniert, wenig Umweltbelastung verursacht und ein positives Erbe hinterlässt.

Diese Herangehensweise kann nur in hoch innovativen Strukturen umgesetzt werden. Dafür ist eine partnerschaftliche Zusammenarbeit wichtig, in der jede:r Beteiligte seinen oder ihren eigenen Schwerpunkt vertritt und gleichzeitig den Blick für das große Ganze behält. Konkret bedeutet das für uns, unter Verwendung ressourcenschonender Materialien modulare, zerlegbare Gebäude und fortschrittliche Leasingmodelle zu schaffen, bei denen der Abfall reduziert wird. Werden diese Prinzipien transparent mit Kund:innen, Architekt:innen, Investor:innen, Kommunen und Mitarbeiter:innen kommuniziert, können in Kooperation positive Rahmenbedingungen für zukünftige Projekte geschaffen werden. Cradle-to-Cradle®-Prinzipien, wie sie etwa bei unserem hochmodernen Distributionszentrum in Dorsten angewendet werden, charakterisieren hierbei die Vorreiterprojekte.

Um eine nachhaltige Orientierung zur Norm zu machen, bedarf es jedoch klarer Entscheidungen der Politik über Festlegungen, die konsequent ökologisch und verlässlich sind. Darüber hinaus ist es an der Zeit, dass die Politik eines der größten Investitionspakete der deutschen Geschichte schnürt, um aktiv auf die wirtschaftlichen Herausforderungen unseres Landes einzuwirken. Sich hinter der Schuldenbremse zu verstecken, kann nicht die Lösung sein, denn besonders in Phasen akuter Unsicherheiten muss die Regierung mit gutem Beispiel vorangehen.

Risiken werden niemals ganz aus unserem Leben verschwinden. Da Angst aber bekanntermaßen kein guter Begleiter ist, sollten wir uns nicht von ihr lähmen lassen. Aktives Handeln und die Verabschiedung vom „Alleingänger-Ego“ sind unabdingbar. Denn Risiko mindert man nicht einzig durch Diversifizierung im Portfolio, sondern auch durch partnerschaftliche Zusammenschlüsse und einer langfristigen Ausrichtung – zum Beispiel an den 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung, die von den Vereinten Nationen im September 2015 verabschiedet wurden.

Die Angst zu ignorieren oder sich von ihr lähmen zu lassen, ist gleichermaßen unproduktiv. In unserer Rolle als Bauherr müssen wir unserer Verantwortung in der Form gerecht werden, dass wir für die Umsetzung innovativer Ansätze auch einmal abseits der Normen und Richtlinien handeln. Denn diese sind in Deutschland sehr umfangreich und ändern sich nur langsam, obwohl die Forschung und Technologie teilweise bereits weiter ist. Das funktioniert nicht immer in allen Bereichen. Aber ob das der Einsatz eines CO2-reduzierten Betons oder die Wiederverwendung recycelter Baustoffe ist – es braucht einen Treiber, der sich nicht auf den Regularien ausruht. Dies erfordert zusätzliche Anstrengungen und Risiken, zahlt sich aber häufig aus und macht in unserem Handeln den relevanten Unterschied. Deshalb plädieren wir für Mut. Für einen positiven Wandel.

 


Julian von Hodenberg

ist als Projektleiter bei der Delta Development Group zuständig für die Entwicklung des neuen europäischen Verteilzentrums von Levi Strauss & Co in Dorsten. Das Unternehmen hat sich vor über 20 Jahren mit dem Manifest „Future Forever“ dem Kreislaufprinzip verschrieben und widmet sich seither der Umsetzung nachhaltiger Logistik-, Büro- und Wohnräume mit einem hohen Anspruch an Design und Funktionalität. Julian von Hodenberg studierte unter anderem in Hannover und Köln Architektur mit dem Schwerpunkt Immobilienökonomie.

 

Warum wir uns der Angst mutig entgegenstellen sollten, statt uns vor ihr zu verstecken, das zeigen wir, unsere Gastautor:innen und Interviewpartner:innen auch in unserer Magazin-Ausgabe polis ÄNGSTE 03/2022.

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