
v. l. n. r.: Jens Lütjen, Kurt Zech, Juliane Sakellariou, Prof. Dr. Johannes Busmann und Christoph S. Peper © Jan Rathke
Bereits zum sechsten Mal fanden Mitte Mai die polisKEYNOTES in Bremen statt, zu der die WFB Wirtschaftsförderung und das polis Magazin eingeladen hatten – dieses Mal im künftigen Hauptsitz der Zech-Group, dem Zech-Haus am Europahafen in der Überseestadt. Obwohl sich das Gebäude noch in der Fertigstellung befindet, öffnete Kurt Zech, Inhaber und Geschäftsführer der Zech-Group, die Tore schon vorab für die rund 150 Eingeladenen. Das Zech-Haus ist das höchste der vier markanten Gebäude, die nach Entwürfen des dänischen Planungsbüros Cobe realisiert werden und den Europahafenkopf bilden.

Die Veranstaltung fand im Zech-Haus statt. © polis Magazin
Nach einer Führung wurden die Anwesenden durch Moderator Jens Lütjen, geschäftsführender Gesellschafter des Bremer Immobilienberatungs-
unternehmen Robert C. Spies, begrüßt. Danach erhielten die Gäste durch Kurt Zech Einblicke in den Entstehungsprozess der Gebäude am Europahafenkopf und die Energieinfrastruktur des Zech-Hauses, das über ein Blockheizkraftwerk CO2- neutral beheizt wird. Auch WFB-Geschäftsführer Andreas Heyer betonte in seinem anschließenden Grußwort die Relevanz der Energiesicherheit für die Zukunftsfähigkeit der Immobilienwirtschaft, bei der aber viele Fragen noch offen seien.
Erste Antworten lieferten die drei Keynote-Speaker:innen des Abends: Während sich Juliane Sakellariou, Gründerin von FOR!MPACT, dem Thema mit Fokus auf mittelständische Firmen und deren Immobilienbestände näherte, betrachteten Mareike Haak, Senior-Projektleiterin bei Drees & Sommer, und Christoph S. Peper, geschäftsführender Gesellschafter von Peper & Söhne die Vorteile und Herausforderungen von Energieautarkie und Dezentralität aus planerischer und unternehmerischer Perspektive mit Blick auf das ganze Quartier. In die anschließende Podiumsdiskussion brachten auch Kurt Zech und Prof. Dr. Johannes Busmann, Verlagsinhaber und Herausgeber des polis Magazins, ihre Perspektiven ein.

Juliane Sakellariou © Jan Rathke
Laut Juliane Sakellariou bietet die energieautarke Betriebsimmobilie eine Möglichkeit, den vielschichtigen Problematiken und dem hohen Transformationsdruck zu begegnen, mit denen sich mittelständische Unternehmen aktuell konfrontiert sehen: Dazu gehören beispielsweise Schwankungen der Netzspannung und hohe Strompreise, aber auch der Mehrbedarf an Energie für Transformationsprozesse wie die Digitalisierung. Eine Wertschöpfung im Betrieb könnte nicht nur die eigene Versorgung sichern, sondern auch in Form von betriebsintern erzeugter Energie neue Geschäftsmodelle eröffnen.

Mareike Haak @ Jan Rathke
Auf neue finanzielle Spielräume ging auch Mareike Haak ein: Durch die Kopplung von energetisch relevanten Sektoren würden nicht nur Ressourcen geschont, sondern auch Kosten in erheblicher Höhe eingespart. Dafür müsse künftig die Energieerzeugung und -versorgung allerdings auf Quartiersebene integriert gedacht werden: Analog zu einem Stadtwerk könnte beispielsweise ein „Quartierswerk“ Synergien zwischen verschiedenen Netzen erschließen, wie es bei der Insel Gartenfeld in Berlin angedacht ist.
Um auf künftige Entwicklungen reagieren und neue Technologien integrieren zu können, gelte es außerdem, Infrastrukturen modular, flexibel erweiterbar und individuell anpassbar zu planen. Mit dem SPURWERK in Bremen agieren Peper & Söhne bereits auf Quartiersebene. Das Gewerbegebiet mit DGNB-Vorzertifikat in Gold verzichtet vollständig auf fossile Brennstoffe und setzt stattdessen mit PV-Anlagen sowie Wärmepumpen auf Dezentralität.

Christoph S. Peper © Jan Rathke
Ursprünglich waren Wärmetauscher vorgesehen, die im Sinne der Sektorenkopplung Restwärme über das Abwasser zurückgewinnen. Aufgrund einiger Widersprüche und Hindernisse in den Förderrichtlinien entschieden sich Peper & Söhne jedoch dagegen. Christoph S. Peper plädierte in seiner Keynote für mehr Planungssicherheit bei gleichzeitiger Energieoffenheit seitens der Politik. Er ergänzte, dass die Immobilienwirtschaft durchaus ihren Beitrag zur dezentralen Energieerzeugung leisten könne – die energetische Vollautarkie aus Immobilien sieht er allerdings nicht als realistisches Ziel.
In der Podiumsdiskussion wurde angesichts der sich ständig ändernden Rahmenbedingungen die fehlende Flexibilität in Planung und Politik kritisiert. Das gelte neben der Wahl der Energieträger auch für die verwendeten Materialien: Prof. Dr. Johannes Busmann forderte etwa, beim Bauen mehr Grautöne zuzulassen und sich von „100-Prozent-Lösungen“ zu entfernen. Mareike Haak ergänzte, dass künftig die Verfügbarkeit von Rohstoffen zum wichtigsten Entwurfsparameter werde, sich in diesem Sinne das Credo „form follows function“ zu „form follows availability“ wandle und insofern schon einiges an Flexibilität beim Planen voraussetze. Insgesamt waren sich die Diskutierenden einig, dass es in Bezug auf Energie künftig weniger um die verfügbare Quantität, sondern mehr um die Verteilung gehen werde, und dass eine dezentrale Energieversorgung durchaus zur Energiesicherheit beiträgt.
Die Aufzeichnung der polisKEYNOTES ist in der Mediathek im polisFORUM unter www.polis-forum.com oder auf dem YouTube-Kanal der WFB verfügbar.
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