MIDDELFART TRAFIKHAVN: MASTERPLAN VON EFFEKT ARCHITECTS

© EFFEKT

Die Kommune Middelfart liegt in Süddänemark, etwa 39.000 Menschen leben dort. Als Hafenstadt beherbergt sie u.a. eine alte Schiffswerft und erzählt Geschichten über 200 Jahre Walfang. Der Trubel auf dem Fischmarkt im Hafen ist bis heute untrennbar mit dem Stadtleben verknüpft. Die Altstadt zeichnet derweil eine charmante Architekturkulisse, die von historischen Häusern, engen verwinkelten Gassen, Kopfsteinpflastern und Rosensträuchern geprägt wird. Doch Middelfart kann nicht nur mit historischen Sehenswürdigkeiten punkten, sondern vor allem mit einer Vielzahl an Naturflächen – solche, die die Natur schützen, ebenso wie solche, die zur Naturbeobachtung oder als Erholungsgebiete für Bewohnerinnen und Besucher dienen. Darunter auch der Naturpark LillebæltDänemarks größter Meeresnaturpark, in dem Erlebnisse zu Wasser und zu Lande angeboten werden: von Tauchen und Angeln zu Wander- und Fahrradrouten durch die Parklandschaft.

Diese Nähe zur Natur verleiht Middelfart als Region ihren besonderen Charakter und so verwundert es nicht, dass die Kommune sich indes das Thema Klima auf die Fahne geschrieben hat. Als sogenannte Klimastadt will Middelfart in Zukunft einige Maßnahmen implementieren, um Stadtleben und Klimaverträglichkeit besser miteinander vereinbaren zu können. Ein Ansatz ist beispielsweise, erhöhte Regenwassermengen von der Innenstadt in den Kleinen Belt zu leiten. 

Potenzialfläche zwischen Lillebælt und Innenstadt: Middelfart Trafikhavn

Als Teil dieses Konzepts Klimastadt hat die Kommune 2019 einen Wettbewerb ausgelobt und nach einer Vision für den Fremtidens Havn (dt: Hafen der Zukunft) gesucht; genauer gesagt nach einer Idee zur Transformation eines ehemaligen industriell geprägten, rund 60.000 m2 großen Gebietes, gelegen im Kleinen Belt zwischen Stadtzentrum und dem Naturpark Lillebælt. Klar ist, dass dort, im ehemaligen Industriegebiet am Hafen, Middelfarts bislang größtes ungenutztes Flächenpotenzial liegt.

Im Zuge des Wettbewerbs wurden zunächst drei interdisziplinäre Teams ausgewählt, um ihre Ideen einem Bewertungsausschuss, der aus Stadtrat, Fachleuten und Vertreterinnen der Wirtschaft auf der einen sowie Bürgern und Nachbarinnen auf der anderen Seite besteht, vorzustellen. Nach einem detaillierten und gründlichen Auswahlverfahren ging 2021 schließlich das Team von EFFEKT (Architektur) mit Rambøll (Ingenieurwesen), Metabolic (Nachhaltigkeit) und Carlberg (Stadtleben) als Sieger hervor.

© EFFEKT

Ihr Konzept für den Middelfart Trafikhavn dient als Planungsgrundlage und wird nun Schritt für Schritt im Austausch mit der Kommune und den Bürger:innen weiter präzisiert. Eines lässt der Masterplan bereits auf den ersten Blick erkennen: Die Neubauten im Areal mitsamt neuer Hafenpromenade bieten die Chance, einen Verknüpfungspunkt zwischen Natur und Stadtleben zu schaffen und darüber hinaus als neues Stadtzentrum einen Mehrwert für die gesamte Nachbarschaft und Region zu generieren.

Transformation eines Industriehafens zum innovativen Stadtquartier  

EFFEKT visualisieren das Quartier als Labor für zukünftige Stadtteilentwicklung, das durch Experimente und Innovationen als Praxisbeispiel veranschaulichen soll, wie nachhaltige Wohnentwicklungen mit Aufforstung, erhöhter Biodiversität, Kreislaufdenken, Erschwinglichkeit und sozialer Vielfalt kombiniert werden können. Somit wurden in das Konzept nicht nur Flächen zum Wohnen integriert, sondern darüber hinaus vielfältige Grünräume, Quartierparks sowie eine durchgängige und öffentlich zugängliche Hafenpromenade, die Stadt und Natur miteinander verbindet. 

Das betont auch Sinus Lynge, Partner bei EFFEKT: „Mit Trafikhavn haben wir die Möglichkeit, ein lebendes Labor für die grüne Wende auf Stadtebene zu schaffen. Wir hoffen, dass wir gemeinsam ein Beispielprojekt schaffen können, das weit über die Grenzen der Gemeinde hinaus einen Mehrwert schaffen kann, und wir freuen uns auf die bevorstehende Zusammenarbeit mit der Gemeinde Middelfart.”

© EFFEKT

Lebendig, vielfältig, nachhaltig und klimaangepasst

Um im Laufe der nächsten Jahre ein neues, vielfältiges, nachhaltiges und klimaangepasstes Stadtquartier zu entwickeln, konzentriert sich der Entwurf u.a. darauf, eine sinnvolle Nutzungsmischung für das Areal zu planen und sieht dafür im Stadtraum eine Variation in Programmierung, Gebäudemaßstab und Materialität vor. Konkret sieht er eine Wohnstadt mit Geschäften und Cafés vor, ergänzt um andere öffentliche Funktionen, die sich an ausgewählten Konzentrationspunkten rund um Hauptverkehrsadern und öffentliche Stadträume organisieren. Überdies sollen im Quartier Gewerbebetriebe vertreten sein, die keine Konkurrenz zur Hauptstraße der Innenstadt bilden.

Ebenso soll eine Vielfalt an Wohnformen entstehen und gleichsam eine Dynamik im Quartier erzeugt werden: So strebt die Planung verschiedene Wohnungsgrößen und Eigentumsformen sowie eine Vermischung von privaten und öffentlichen Gebäuden mit Seniorenwohngemeinschaften, Co-Living und urbanen Reihenhäusern an.

Große Teile des Randes in Richtung Lillebælt sind als Landschafts- und Gezeitengärten angelegt, die den stetig wechselnden Wasserständen standhalten und somit die dahinterliegende Stadt vor Überschwemmungen schützen können. Ein neuer durchgehender Stadtpark stärkt unterdessen einerseits Stadtnatur sowie Biodiversität und fungiert andererseits als natürliches Regenwasserreservoir in Richtung des Belts. Zudem tragen zahlreiche Erholungsflächen sowie neue infrastrukturelle Klimaanpassungs- und Verkehrslösungen für die bestehende Stadt und den Hafen zu den Zielen der Klimastadt bei. 

© EFFEKT

Klimastadt der Zukunft als visionäres Praxisansatz

Als Teil dieser großen Vision Klimastadt fokussiert sich das Konzept für den Middelfart Trafikhavn jedoch insbesondere darauf, konkrete Lösungen für die Klimaprobleme der gegenwärtigen Zeit zu finden und für jene, mit denen wir in Zukunft konfrontiert sein werden. Den Schwerpunkt bilden dabei drei Grundsätze: 1. der Schutz des Hafens vor dem Anstieg des Meeresspiegels durch die Schaffung eines neuen durchgehenden Stadtdeichs; 2. die Stärkung der tragenden Verbindungen durch die Einführung neuer Wege und Wegweiser zwischen der Hafenfront und der Fußgängerzone; 3. die Verbindung vom Stadtleben und neuen Stadtfunktionen mit den Klimaanpassungen, sodass sowohl für das Freizeitangebot der Stadt als auch für die finanziellen Investitionen ein Mehrwert entstehen kann. 

Mit dem Middelfart Trafikhavn kann schon bald ein vorbildhaftes Praxisbeispiel für klimaangepasste Quartiersentwicklung in die Tat umgesetzt werden, das in Zukunft nicht nur die Identität der Stadt Middelfart mitsamt ihrer Geschichte, ihrem Selbstverständnis und ihrer Verbindung zur Natur stärken wird, sondern vor allem ein rundum liebens- und lebenswertes Stadtleben schaffen kann.

 


Bilder im Slider: © EFFEKT 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert